Internationales Tribunal zur Türkei in Paris

In Paris findet Mitte März ein internationales Tribunal statt, auf dem die Verbrechen des türkischen Staates an der kurdischen Bevölkerung untersucht werden.

Das von internationalen Organisationen und Einzelpersonen unterstützte „permanente Volkstribunal“ (Permanent People’s Tribunal) tagt am 15. und 16. März in Paris, um über die Verbrechen des türkischen Staates an der kurdischen Bevölkerung zu richten.

Die Gerichtsverhandlung erfolgt auf Vorschlag von vier Organisationen: Die International Association of Democratic Lawyers (IADL), die European Association of Lawyers for Democracy and World Human Rights (ELDH), MAF-DAD, eine Organisation kurdischer und deutscher Rechtsanwält*innen in Deutschland, und das Kurdish Institute in Brüssel.

Das Permanent People’s Tribunal hat den Vorschlag angenommen und stellt ein Richtergremium zusammen, das eine Anklage gegen den türkischen Staat und einige seiner Vertreter prüfen wird. Die Türkei ist wiederholt von angesehenen Menschenrechtsorganisationen, Regierungen und internationalen Organisationen wegen Verletzung des Rechts auf Leben, freie Meinungsäußerung, Organisationsfreiheit und weiteren Punkten angeprangert worden. Diese Verstöße wurden ausführlich dokumentiert und einige von ihnen bereits dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgelegt.

Dem türkischen Staat wird zur Last gelegt, im Rahmen des bewaffneten Konflikts mit kurdischen Aufständischen Kriegsverbrechen begangen zu haben. Diese Verbrechen richteten sich laut vorliegenden Aussagen gegen die Zivilbevölkerung und sollten der Einschüchterung dienen.

Verbrechen nach Ausrufung der Selbstverwaltung in Kurdistan

Diese Art von Verbrechen haben zwischen 2015 und 2017 nach der Beendigung der Friedensgespräche mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) dramatisch zugenommen. Der erste Hauptteil des Tribunals wird sich auf den genannten Zeitraum konzentrieren und die Ereignisse untersuchen, die sich in kurdischen Städten wie Amed, Cîzre und Şirnex während dieser Zeit ereigneten. Diverse Quellen haben in diesem Zusammenhang vom Einsatz von Luftfahrzeugen, Panzern und Artillerie durch die türkische Armee in zivilen Wohngebieten berichtet.

Gezielte Morde durch türkische Agenten

Weitere Vorwürfe gegen den türkischen Staat betreffen gezielte Morde an Oppositionellen. Eines der jüngsten Beispiele ist die Ermordung der drei kurdischen Aktivistinnen Sakine Cansiz, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez am 9. Januar 2013 in Paris. Auch in der Türkei ist es vielfach zu extralegalen Hinrichtungen durch „unbekannte Täter" gekommen.

Der türkische Staat auf der Anklagebank

Der zweite Hauptteil des Tribunals wird untersuchen, ob diese Straftaten als „Staatsverbrechen" betrachtet werden können, für die der türkische Staat direkt oder indirekt verantwortlich ist.

Diese Sitzung steht im Einklang mit der Tradition früher abgehaltener Tribunale, bei denen Berichte über Rechtsverletzungen von angesehenen Richtergremien beurteilt worden sind.

Das Tribunal wird seine Entscheidung etwa zwei Monate nach der Verhandlung im Europäischen Parlament in Brüssel bekannt geben. Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden dazu aufgefordert, über politische Konsequenzen nachzudenken, die sich aus den Feststellungen des Tribunals ergeben.

Internationale Unterstützung

Das Tribunal wird von knapp 40 internationalen Einrichtungen und ungefähr 300 Einzelpersonen unterstützt. Darunter befinden sich die Bertrand-Russels-Stiftung sowie bekannte Persönlichkeiten wie Noam Chomsky, Debbie Bookchin, Margaret Owen, David Graeber und Deniz Naki.