Gericht lehnt Antrag von Ex-Lebenslänglichem gegen Abschiebung ab

Ein türkisches Gericht hat eine Beschwerde gegen die Abschiebeanordnung im Fall des aus Rojava stammenden Kurden Abdulmenaf Osman abgelehnt. Der ehemalige politische Gefangene saß 30 Jahre im türkischen Knast und soll nach Syrien verfrachtet werden.

Der aus Rojava stammende Kurde Abdulmenaf Osman soll nach einem Gerichtsurteil aus der Türkei nach Syrien abgeschoben werden, weil er keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte. Die Strafabteilung des Amtsgerichts Edirne wies mit dieser am Montag veröffentlichten Begründung einen Antrag der Verteidiger des 58-Jährigen gegen die vom Verwaltungsgericht Manisa bestätigte Abschiebeanordnung des türkischen Innenministeriums zurück. Dasselbe Gericht verwarf auch einen Einwand gegen die Unterbringung Osmans in einem Abschiebezentrum. Sein Rechtsbeistand befürchtet, dass er „jeden Augenblick“ abgeschoben werden könnte.

Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt, weil Abdulmenaf Osman aus der Haft heraus in ein Rückschiebezentrum verschleppt worden war. Mehr als die Hälfte seines Lebens verbrachte der 1965 in Hesekê geborene Geologe und Autor im türkischen Knast. 1993 wurde Osman in der nordkurdischen Provinz Êlih (tr. Batman) festgenommen und noch im selben Jahr von einem Staatssicherheitsgericht (DGM) wegen „Zerstörung der staatlichen Einheit der Türkei“ zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, Mitglied der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein. Damals war er 28 Jahre alt.

Nach Aufenthalten in verschiedenen Haftanstalten des Landes befand sich Osman zuletzt im Hochsicherheitsgefängnis Akhisar im Norden der türkischen Provinz Manisa, aus dem er Anfang September entlassen wurde. Statt in die Freiheit zu gelangen, wurde er von der Militärpolizei ohne richterliche Anordnung auf ein örtliches Revier und anschließend in das Abschiebelager Edirne gebracht. Für Osman bestehe kein Anspruch auf einen Aufenthalt in der Türkei, weil er ohne Status sei. Dabei hatte er vor seiner Inhaftierung einen festen Wohnsitz in Êlih und war in seine seit Jahrzehnten in Nordkurdistan lebende Familie eingebunden. Die Behörden hätten den Fall „rechtlich einwandfrei und absolut sauber abgearbeitet“, befand das Amtsgericht Edirne.

Demgegenüber spricht Osmans Rechtsanwalt von einer rechtswidrigen, unverhältnismäßigen und inhumanen Tortur, der sein Mandant ausgesetzt werde. Er wolle sich an die Vereinten Nationen wenden, um die Abschiebung von Abdulmenaf Osman nach Syrien zu verhindern. Abschiebungen von der Türkei nach Syrien erfolgen ausschließlich in die Besatzungszone. Ob nun nach Idlib, das von der Terrorgruppe Hayat Tahrir al-Sham beherrscht wird, oder in andere Regionen Nordsyriens wie etwa Efrîn, Serêkaniyê, Girê Spî oder Azaz, die von türkischen Truppen und der von Ankara gesteuerten SNA („Syrische Nationalarmee“), einer Koalition reaktionärer, islamistischer und fundamentalistischer Milizen,  kontrolliert werden: Das Leben von Abdulmenaf Osman wäre in großer Gefahr.