Gefängnis in Wan zum Pilotprojekt erklärt

Gefangene des F-Typ Hochsicherheitsgefängnisses in Wan haben in einem Brief die schweren Rechtsverletzungen, denen sie ausgesetzt sind, beschrieben. Sie kritisieren, dass die aufgelisteten Rechtsverletzungen ihnen die Luft zum Atmen nimmt.

In den Gefängnissen in der Türkei ist eine neue Welle der Repression gegen politische Gefangene aufgeflammt. Die Gefangenen des Hochsicherheitsgefängnisses vom Typ F in Wan rufen die Menschen dazu auf, gegenüber den Rechtsverletzungen aufmerksam zu bleiben.

In einem von den Inhaftierten verfassten Brief erklären sie, dass das betreffende Gefängnis zum Pilotprojekt erklärt worden ist und sie unmenschlichen Behandlungen ausgesetzt sind.

Es ist ein Pilotprojekt und uns wird die Luft zum Atmen genommen

Folgende Rechtsverletzungen wurden in dem Brief aufgelistet:

  • In den Sommermonaten des Jahres 2018 wurden dem Projekt entsprechend die Innenhofbereiche mit Gittern überzogen, so dass wir dort, wo der einzige Platz ist, an dem wir den Himmel sehen können, regelrecht keine Luft mehr zum Atmen hatten. Wie werden wie damals zu Zeiten der Sklavensysteme, als Menschen in Käfige gesteckt wurden, behandelt. Wir haben bereits bei mehreren öffentlichen Stellen die Entfernung dieser Gitter beantragt. Aber diese wurden entweder abgelehnt oder wir erhielten keine Antwort darauf.

Tageszeitungen und Zeitschriften sind verboten

  • Die Zeitung Yeni Yaşam, viele Bücher, Zeitschriften und ähnliches werden uns unter Angabe willkürlicher Begründungen nicht ausgehändigt. Für die Zeitung ist zusätzlich durch falsche Angaben ein Gerichtsurteil ergangen, um das Verbot gesetzlich legitimieren zu können. Unsere Radios werden uns ebenfalls nicht ausgehändigt. Stattdessen werden wir dazu gedrängt, im Knastladen völlig wertlose Radiogeräte, die kaum Empfang haben, überteuert zu kaufen.

Willkürliche Zimmerdurchsuchungen

  • Insbesondere werden seit ungefähr vier bis fünf Monaten auf Anordnung des Justizministeriums täglich, aber wirklich tagtäglich unsere Räume teilweise oder vollständig durchsucht und unsere privaten Sachen auseinander genommen. Es wird wirklich alles versucht, um Unruhe zu stiften. Eine ausgewählte Gruppe von Gefängnisbediensteten nutzt die Durchsuchungen für ehrverletzendes Verhalten. Obwohl wir uns bei der Gefängnisleitung schon mehrfach über diese Bediensteten beschwert haben, werden sie noch nicht einmal abgemahnt.

Eine Verlegung ins Krankenhaus findet nach Monaten statt

  • Bis wir eine Krankenhausbehandlung erhalten, dauert es in der Regel Monate. Aktuell haben wir einige Genossen, die seit Monaten darauf warten, im Krankenhaus behandelt zu werden. Die Behandlungen werden willkürlich monatelang hinausgezögert und dadurch verspätet durchgeführt. Nicht einmal unsere Freunde, die am Hungerstreik teilgenommen hatten, haben eine medizinische Behandlung bekommen. Obwohl sie in das Gefängniskrankenhaus gebracht wurden, sind sie nur gefragt worden, ob ihnen etwas fehlt, und sind ohne jegliche Untersuchung in ihre Zellen zurückgeschickt worden. Diejenigen Genossen, die in Folge des Hungerstreiks erkrankt sind, werden verhöhnt und als wenn die Zuständigen Rache üben wollen, nicht in das Krankenhaus verlegt oder es wird hinausgezögert. Derzeit versucht ein neuer, bediensteter Arzt im Krankenzimmer einen psychologischen Krieg gegen unsere kranken Freunde zu führen, in dem er meint, bei ihnen „psychische Probleme“ erkannt zu haben, obwohl sie in dieser Richtung keinerlei Probleme haben. Der Arzt versucht ihnen psychologisch wirkende Medikamente zu verschreiben. Und weil wir diese ablehnen, werden wir medizinisch nicht behandelt.

Neun Gefangene sind seit zwei Jahren in Isolationshaft

  • Mehrere unserer Genossen haben nur noch eine Haftzeit von weniger als einem Jahr, könnten also auf Bewährung freikommen. Auch eine Verlegung in wohnortnahe Gefängnisse für einen offenen Vollzug findet nicht statt.

  • Aktuell befinden sich neun unserer Freunde aus vollkommen willkürlichen Gründen seit nahezu zwei Jahren in Isolationshaft. Nirgendwo anders geschieht ähnliches. Sie dürfen an keiner unserer gemeinsamen sozialen Aktivitäten wie Sport oder Gesprächen teilnehmen. Die Namen dieser Genossen sind Botan Timur, Divali Acar, Medet Oruç, Mert Ekinci, Adnan Mirzai, Nihat Şahin, Nevroz Korkmaz, Şaban Tekin und Nazmi Aydın. Sie erfahren eine unmenschliche Behandlung.

  • In der letzten Zeit sind Genossen aus anderen Gefängnissen hierher verlegt worden. Tagelang wurde ihren ihr notwendiger Bedarf nicht erfüllt und sie wurden ähnlich einer Isolationshaft tagelang in einer Zelle festgehalten.

Die Gefangenen beenden ihren Brief mit einem Appell zur Aufmerksamkeit mit folgenden Worten: „Wir fordern von der Öffentlichkeit und allen sensibilisierten Kreisen Aufmerksamkeit. Des Weiteren fügen wir an, dass drei weitere in Einzelzellen inhaftierte Genossen, die zu einer erschwerten lebenslangen Haftstrafe verurteilt sind, der Willkür ausgesetzt sind und ihnen keinerlei Möglichkeiten einer sozialen oder sportlichen Aktivität eingeräumt wird.“