Der kurdische Verein KOMAW hat mit einer Kundgebung in Dortmund auf die Zustände in türkischen Gefängnissen aufmerksam gemacht und zur Solidarität mit den politischen Gefangenen aufgerufen. KOMAW ist eine Vereinigung, in der sich in Europa lebende Angehörige von Vermissten und Gefallenen des kurdischen Befreiungskampfes zusammengeschlossen haben. Bei der Kundgebung in Dortmund wurden in einem Redebeitrag die Gefängnisse in der Türkei als „Todeshäuser“ bezeichnet, in denen „Folter und Isolationsmaßnahmen“ angewendet werden.
In der Erklärung wurden Daten genannt, die der Menschenrechtsverein IHD erhoben hat. Demnach sind 2021 allein in Zentralanatolien neun Gefangene im Strafvollzug verstorben. Die Istanbuler Zweigstelle des IHD hat in einem Zeitraum von drei Monaten 3118 Rechtsverletzungen in zwanzig Gefängnissen festgestellt.
Auf der Kundgebung wurde die Freilassung aller kranken Gefangenen gefordert und auf den Fall von Aysel Tuğluk verwiesen. Die seit über fünf Jahren inhaftierte kurdische Politikerin ist im Gefängnis an Demenz erkrankt und kann sich nicht mehr alleine versorgen. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat das dem türkischen Justizministerium unterstellte Institut für Rechtsmedizin (ATK) in Istanbul in einem Gutachten erneut die Haftfähigkeit und Strafmündigkeit von Aysel Tuğluk bescheinigt. Die ersten 15 von 25 Seiten des medizinischen Gutachtens enthalten die Beschuldigungen gegen Aysel Tuğluk im sogenannten „Kobanê-Prozess“ und lesen sich wie die Anklageschrift. Der Rechtsbeistand der Politikerin erklärte am Mittwoch, dass das Gutachten eindeutig parteilich und unwissenschaftlich ist. Das rechtsmedizinische Institut ATK steht seit geraumer Zeit für seine offensichtlich politisch motivierten Gutachten in der Kritik.