Berkin Elvan: Berufungsgericht bestätigt Urteil gegen Todesschützen

Ein Istanbuler Berufungsgericht hat die Haftstrafe gegen einen Polizisten wegen der Tötung von Berkin Elvan in erster Instanz bestätigt. Ins Gefängnis kommt der Todesschütze trotzdem nicht - zumindest vorerst.

Acht Jahre lang haben die Eltern von Berkin Elvan in der Türkei für ihr Recht gekämpft. Der Junge war 14, als er im Juni 2013 am Rande der Gezi-Proteste im Istanbuler Viertel Okmeydanı auf dem Weg zu einer Bäckerei von einer Tränengaskartusche am Kopf verletzt wurde. Nach 269 Tagen im Koma starb Berkin Elvan. Erst im Juni 2021 wurde der Schütze Fatih Dalgalı im Zusammenhang mit der Tötung des Jugendlichen verurteilt. Der Polizist erhielt eine Haftstrafe in Höhe von 16 Jahren und acht Monaten.

Nun hat ein regionales Berufungsgericht in Istanbul das Urteil gegen Dalgalı bestätigt. Rechtskräftig ist die Entscheidung der ersten Instanz damit aber noch nicht. Erst wenn das Urteil gegen den Polizisten durch den Kassationshof, das oberste Berufungsgericht der Türkei, bestätigt wird, kommt Dalgalı ins Gefängnis. Bis dahin bleibt er auf freiem Fuß.

Die Gezi-Proteste entzündeten sich Ende Mai 2013 an der geplanten Bebauung des Gezi-Parks in Istanbul. Sie weiteten sich zu landesweiten Demonstrationen gegen den als immer autoritärer empfundenen Führungsstil Recep Tayyip Erdoğans aus und wurden teils mit brutaler Polizeigewalt niedergeschlagen. Erdoğan war damals Ministerpräsident. Seit August 2014 ist er Staatspräsident.

Landesweit kamen bei den Protesten acht Demonstrierende ums Leben: Berkin Elvan, Ali Ismail Korkmaz, Ethem Sarısülük, Ahmet Atakan, Mehmet Ayvalıtaş, Abdullah Cömert, Medeni Yıldırım und Hasan Ferit Gedik. Zahlreiche weitere Menschen wurden teils schwer verletzt – einige verloren sogar ihr Augenlicht, weil sie von Tränengaskartuschen der Polizei getroffen wurden.

EGMR verurteilte Türkei

Im Februar hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei im Zusammenhang mit dem Tod von Berkin Elvan verurteilt. Die Behörden seien nicht unabhängig gewesen und hätten ihre Verpflichtung zur Aufklärung nicht erfüllt, heißt es in dem Urteil. So hätten sie etwa nicht genug getan, um zu untersuchen, welche Rolle der Leiter der nationalen Strafverfolgungsbehörden sowie der Gouverneur von Istanbul damals spielten. Die Türkei muss jedoch keine Entschädigung zahlen, weil die Eltern des Jungen dies nicht beantragt hatten.