In einem gemeinsamen Appell rufen fast siebzig Frauen- und Menschenrechtsorganisationen sowie andere Vereinigungen die internationale Gemeinschaft zu Maßnahmen gegen die drohende Hinrichtung der im Iran inhaftierten Kurdin Pakhsan Azizi auf. Es sei dringendes Handeln erforderlich, um die Tötung einer „mutigen humanitären Helferin und Frauenrechtsaktivistin“ zu stoppen, heißt es in dem Appell, den unter anderem die auf Menschenrechte in Ostkurdistan spezialisierte Nachrichtenagentur Kurdpa, die Baloch Activists Campaign und der Verein HÁWAR.help e.V. unterzeichnet haben.
Pakhshan Azizi ist studierte Sozialarbeiterin und hat bis zu ihrer Verhaftung im August 2023 für humanitäre Hilfsorganisationen gearbeitet. Im Juli vergangenen Jahres wurde sie von einem sogenannten Revolutionsgericht in Teheran wegen „bewaffneter Rebellion gegen das System“ durch eine angebliche „Mitgliedschaft in bewaffneten Gruppen gegen die Islamische Republik“ zum Tode verurteilt. Mitte der Woche hat der Oberste Gerichtshof Irans das Todesurteil bestätigt. Damit könnte die Hinrichtung Azizis jeden Moment vollstreckt werden.
„Pakhshan Azizi hat ihr Leben dem Einsatz für benachteiligte Frauen und der Förderung der Gleichberechtigung in ihrer Gemeinschaft gewidmet. Ihre Hinrichtung wäre nicht nur ein unumkehrbarer Akt der Ungerechtigkeit, sondern würde auch eine wichtige Stimme für Veränderung und Fortschritt zum Schweigen bringen“, heißt es in dem Appell. Die Unterzeichnenden bezeichnen die Verhängung der Todesstrafe als „Schandfleck für die Menschheit als Ganzes“. Die Staatengemeinschaft wird aufgefordert, sich mit Pakhsan Azizi und ihrer Familie zu solidarisieren und die sofortige Aufhebung ihres Todesurteils zu fordern. „Die Zeit ist knapp. Lassen Sie uns zusammenstehen, um diese Tragödie zu verhindern und den grundlegenden Wert des menschlichen Lebens zu bekräftigen.“
Pakhshan Azizi stammt aus Mahabad und hat Sozialarbeit an der Allameh-Tabatabai-Universität in Teheran studiert. Nach dem IS-Genozid in der ezidischen Şengal-Region im Jahr 2014 arbeitete sie als Ehrenamtliche in der Kurdistan-Region des Irak sowie in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Für den Kurdischen Roten Halbmond (Heyva Sor a Kurd) betreute sie unter anderem im Vertriebenenlager Newroz in Dêrik ein Hilfsprojekt für Frauen und Kinder, die aus Şengal geflüchtet sind. Das Projekt wurde von der Menschenrechtsorganisation Medico International Schweiz unterstützt. | Foto: Protest des Frauenrats der DEM-Partei am 11. Januar 2025 vor der iranischen Botschaft in der türkischen Hauptstadt Ankara. © DEM
Auch die iranische Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, die wie Pakhsan Azizi in der Frauenabteilung des berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnisses einsitzt – sich derzeit aus medizinischen Gründen allerdings im Hafturlaub befindet – forderte Menschenrechtsorganisationen auf, gegen die drohende Hinrichtung ihrer Mitgefangenen Stellung zu beziehen. In einem Instagram-Beitrag nannte Mohammadi die Bestätigung des Urteils ein „Zeichen für die verstärkte Unterdrückung von Frauen durch die Islamische Republik“. Sie schrieb, dass das Regime durch die Hinrichtung einer politischen Gefangenen ein Klima der Angst schaffen wolle. Gegen diese Politik müsse es internationales Handeln geben.
Antrag auf Wiederaufnahmeverfahren gestellt
Unterdessen hat Azizis Verteidiger Amir Raesian offenbar beim Obersten Gerichtshof Irans einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Das sagte Azizis Bruder Aso Azizi zu Radio Farda. Bisher ist jedoch unklar, ob das Wiederaufnahmeverfahren zugelassen wird oder nicht. Das Gericht habe sich bisher nicht geäußert.