„Bewaffneter Aufstand gegen das System“
In Iran hat das Oberste Gericht das Todesurteil gegen die kurdische Sozialarbeiterin Pakhsan Azizi bestätigt. Das teilte das Kurdistan Human Rights Network (KHRN) am Mittwoch mit Verweis auf Azizis Verteidiger Amir Raesian mit. Das Urteil gegen die im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftierte 40-Jährige könne damit jederzeit vollstreckt werden, befürchtet die Organisation. Der Fall gehe nun an das untergeordnete Gericht zurück, das Azizi zum Tode verurteilt hatte. Danach werde die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wohl schon bald umgesetzt. Ob es bereits einen Termin für die Vollstreckung gibt, ist nicht bekannt.
Humanitäre Hilfe für Opfer des IS geleistet
Pakhshan Azizi hat Sozialarbeit an der Allameh-Tabatabai-Universität in Teheran studiert, wo sie im November 2009 auch ihre erste Verhaftung erlebte. Ihr wurde zur Last gelegt, an Studierendenprotesten gegen die Hinrichtung kurdischer politischer Gefangener teilgenommen zu haben. Im März 2010 kam sie auf Kaution wieder frei. Später verließ sie Iran und lebte einige Jahre in der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens (DAANES) sowie in der Kurdistan-Region des Irak (KRI). Zwischen 2014 und 2022 leistete sie humanitäre Hilfe für Frauen und Mädchen, die von der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) vertrieben worden waren und sich in Lagern in der DAANES und der KRI aufhielten.
Vier Monate lang gefoltert
Im August 2023 wurde Pakhsan Azizi in Teheran von Agenten des Geheimdienstministeriums festgenommen. Laut dem KHRN wurde die in Mahabad geborene Kurdin in den ersten vier Monaten ihrer Haft in Trakt 209 des Evin-Gefängnisses gefoltert, um ein Geständnis zu erzwingen. Vergangenen Juli verurteilte ein Gericht in Irans Hauptstadt die Sozialarbeiterin, die auch im Journalismus tätig war, wegen „bewaffneten Aufstands gegen das System“ zum Tod am Strick. Ihr wird ohne Beweise vorgeworfen, Mitglied der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) zu sein. Azizi weist die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück.
Gericht ignoriert entlastende Beweise
Rechtsanwalt Amir Raesian hatte vor Monaten beim Obersten Gericht Irans einen Antrag auf eine gerichtliche Prüfung des gegen Azizi verhängten Urteils gestellt. Dieser sei nun „trotz offenkundiger Verstöße“ gegen die Rechte seiner Mandantin auf ein faires Gerichtsverfahren abgelehnt worden. „Dabei hätte ein Blick in die Akten genügt, um festzustellen, dass Pakhshan Azizi sich lediglich in humanitärer Hilfe engagierte. Folglich wäre das Todesurteil aufgehoben worden.“ Dem Juristen zufolge bestätigten mehrere in Nord- und Ostsyrien sowie der Kurdistan-Region im Irak aktive Hilfsorganisationen, dass Azizi für sie als Sozialarbeiterin tätig war. So habe sie unter anderem in der Şengal-Region an einem Projekt für ezidische Frauen gearbeitet, die den IS-Genozid 2014 überlebten. „Alle entlastenden Beweise wurden vom Gericht ignoriert.“