Abschiebungen in Deutschland steigen

Nach einem Absinken während der Pandemie im Jahr 2020 haben die Zahlen der Abschiebungen im Jahr 2021 trotz unveränderter Bedingungen massiv zugenommen. Statistisch werden 30 Personen pro Tag abgeschoben.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 5.688 Personen gegen ihren Willen in ihr Herkunftsland oder einen Drittstaat abgeschoben. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, hervor. Die Zahlen der Abschiebungen waren 2020 im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eingebrochen, trotz unveränderter Bedingungen nahmen die Abschiebungen nun erneut wieder Fahrt auf. Statistisch wurden 30 Personen pro Tag gegen ihren Willen abgeschoben.

Berichte über grausame Familientrennungen häufen sich“

Jelpke führt dazu aus: „Dabei häufen sich wieder einmal Berichte über grausame Familientrennungen und Abschiebungen von Menschen, die Jahrzehnte hier gelebt hatten. Ich fordere ein Ende dieser zynischen Politik und ein grundsätzliches Umdenken: Schluss mit Abschiebungen in Krieg, Perspektivlosigkeit und Elend, für eine wirksame Bleiberechtsregelung.“

140 Abschiebungen nach Afghanistan

Nach Afghanistan wurde der Auskunft der Bundesregierung zufolge im ersten Halbjahr 2021 140 Menschen abgeschoben. Bis kurz vor der Machtübernahme der Taliban wurden Abschiebungen nach Afghanistan bundespolitisch legitimiert und von sicheren Gebieten in Afghanistan gesprochen. Noch am 10. August hatte Innenminister Seehofer weitere Abschiebungen nach Afghanistan gefordert. Der Bundesinnenminister schickte zusammen mit den Innenministern von Österreich, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Griechenland einen Brief an die EU-Kommission, in dem davor gewarnt wurde, Abschiebungen auszusetzen, das würde „das falsche Signal senden und wahrscheinlich noch mehr Afghanen motivieren, ihre Heimat in Richtung EU zu verlassen“.

Großer Anteil an Sammelabschiebungen

Der Anteil der Sammelabschiebungen lag im ersten Halbjahr 2021 besonders hoch. Fast die Hälfte aller Abschiebungen wurde mit eigens hierfür gecharterten Maschinen durchgeführt. Jelpke sieht darin einen entscheidenden Vorteil für die Abschiebebehörden: „Es lassen sich nicht nur viele Menschen auf einen Schlag ausfliegen, sondern es gibt an Bord auch keine Störungen durch andere Passagiere oder unabhängige Zeugen für Polizeigewalt. Es liegt daher zumindest der Verdacht nahe, dass auch deshalb vermehrt auf Sammelabschiebungen zurückgegriffen wird, weil so der verzweifelte Widerstand von Betroffenen gebrochen werden kann. Es ist sicher kein Zufall, dass im ersten Halbjahr 2021 keine einzige Charterabschiebung an der Gegenwehr von Betroffenen scheiterte.“

159 Abschiebungen in die Türkei

Die wichtigsten Zielstaaten der Abschiebungen waren: Georgien (541), Albanien (456), Serbien (300), Pakistan (241) und die Republik Moldau (238). 760 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2021 betrafen Frauen, 904 Minderjährige. In die Türkei wurden nach Bundesangaben 159 Personen abgeschoben, zwanzig weitere türkische Staatsbürger:innen wurden in Drittstaaten überstellt, 16 von ihnen in EU-Mitgliedsstaaten.

Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage kann unter folgendem Link abgerufen werden: KA-19_31942-Abschiebungen-Ausreisen-2021-I.pdf (ulla-jelpke.de)