743 Kinder mit ihren Müttern in Haft

Nach einem Bericht der Kinderrechtskommission des Menschenrechtsvereins IHD befinden sich in der Türkei 743 Kinder unter sechs Jahren mit ihren Müttern in Haft. Die Türkei ignoriert systematisch die UNO-Konvention über die Menschenrechte von Kindern.

Mindestens 743 Kinder unter sechs Jahren befinden sich in der Türkei mit ihren Müttern in Haft. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Kinderrechtskommission der Amed-Sektion des Menschenrechtsvereins IHD hervor. Auch rund ein Jahr nach dem Ende sei der im Sommer 2016 verhängte Ausnahmezustand faktisch immer noch ein Dauerzustand, unter dem insbesondere Kinder zu leiden haben, prangert der Menschenrechtsverein an.

Im Mai 2016 – also zwei Monate vor Beginn der Massenfestnahmen im Zuge des Putschversuches am 15. Juli – lebten 504 Kinder mit ihren Müttern in Gefängniszellen. Seitdem hat sich ein prekärer Zustand auf bereits hohem Niveau noch weiter verschärft. Die meisten inhaftierten Mütter sind Untersuchungshäftlinge, die in der Zelle auf ihren Prozess warten. Viele wurden im Rahmen von Festnahmewellen gegen die kurdische Opposition inhaftiert oder mussten wegen einer Meinungsäußerung mit ihren Kindern ins Gefängnis. In vielen Fällen bleiben die Kinder trotz bescheinigter Haftunfähigkeit aufgrund schwerwiegender Krankheiten im Gefängnis, weil ihre Mütter von der Haft nicht verschont werden.

Türkei ignoriert UNO-Konvention

Als Beispiel führt die IHD-Kinderrechtskommission in ihrem Bericht den Fall von Hülya Usanmaz und ihrer 16 Monate alten Tochter an: „Hülya Usanmaz, Mutter des Kindes Avşin Usanmaz, sitzt seit sechs Monaten im Gefängnis. Das Kind leidet unter einem Hämangiom [auch Blutschwämmchen genannter, gutartiger Gefäßtumor, Anm. der Red.]. Damit seine gesundheitlichen Beschwerden behandelt werden, und ohne die Mutter-Kind-Beziehung zu gefährden, wurde ein Antrag auf Haftverschonung gestellt. Dieser Antrag ist von der Oberstaatsanwaltschaft abgelehnt worden“. Die Türkei ignoriere somit systematisch die UNO-Konvention über die Menschenrechte von Kindern, die sie selbst unterzeichnet hat, kritisiert der IHD. Denn auch im Fall von Avşin Usanmaz liegt eine bescheinigte Haftunfähigkeit aufgrund der Erkrankung des Kleinkindes vor. Die Kinderrechtskommission des IHD in Amed (Diyarbakir) fordert in ihrem Bericht die türkischen Behörden auf, Gesetze zu verabschieden die es ermöglichen, dass mit ihren Müttern inhaftierte Kinder unter angemessenen Lebensbedingungen aufwachsen. Im Fall des 16-Monate alten Kindes Avşin und ihrer Mutter Hülya Usanmaz appelliert die Organisation an die Regierung, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen.