In den türkischen Gefängnissen befinden sich über 3000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Knapp 700 Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind, leben mit ihren inhaftierten Müttern im Gefängnis. Bei über 170 Kindern und Jugendlichen handelt es sich um minderjährige Flüchtlinge. Der türkische Staat lässt weitere Jugendgefängnisse bauen und signalisiert damit, dass die Anzahl minderjähriger Gefangener weiter steigen wird. Rechtsanwalt Emin Çoban ist Vorsitzender des Zentrums für Kinder- und Jugendrechte der Anwaltskammer von Amed (Diyarbakir) und fordert die Schließung aller Jugendgefängnisse.
Gegenüber ANF äußerte sich Çoban zur Arbeitsweise der Anwaltskammer im Umgang mit minderjährigen Gefangenen. Aufmerksam auf Rechtsverletzungen wird die Anwaltskammer durch direkte Anfragen Betroffener und ihrer Angehörigen. Außerdem findet eine Medienrecherche zu dem Thema statt. „Wenn wir von einer Rechtsverletzung erfahren, nehmen wir direkten Kontakt zu den Betroffenen auf. In Amed werden vor allem Probleme von politischen minderjährigen Gefangenen an uns herangetragen. Die politischen Gefangenen werden nach der Antiterrorgesetzgebung kriminalisiert und auch die Minderjährigen werden wie Erwachsene behandelt. Das ist ein großes Problem. In den anderen Jugendgefängnissen in der Türkei sind die Haftbedingungen sowohl für die politischen Gefangenen als auch für die anderen sehr schlecht. Es herrscht viel Gewalt und als Eingangsritual ist es üblich, dass die Neuankömmlinge verprügelt werden“, erklärt Rechtsanwalt Emin Çoban.
Jugendlicher fast erwürgt
Zum weiteren Vorgehen teilt Çoban mit: „Im Gefängnis sprechen wir zuerst mit den Betroffenen, dann mit möglichen Zeugen und auch mit der Verwaltung der Haftanstalt. Aus diesen Informationen erstellen wir einen ersten Bericht. Dann wenden wir uns an die zuständige Staatsanwaltschaft. Bei unserem letzten Fall ging es um den Versuch eines Wächters, einen minderjährigen politischen Gefangenen in Amed zu erwürgen. Zunächst wurde versucht, den Vorfall unter den Teppich zu kehren, aber letztendlich wurden staatsanwaltschaftliche und anstaltsinterne Ermittlungen eingeleitet.“
13 Todesfälle in fünf Jahren
Über 3000 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren sitzen im Gefängnis. „Bei einem Großteil von ihnen handelt es sich nicht um politische Gefangene. Seit vier bis fünf Jahren gibt es auch vermehrt minderjährige Flüchtlinge in den Gefängnissen. Über 170 minderjährige Gefangene sind keine Staatsbürger der Türkei, sie kommen vor allem aus Syrien. Außerdem sind knapp 700 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren mit ihren Müttern im Gefängnis. Seit 2013 sind 13 Minderjährige im Gefängnis zu Tode gekommen“, so der Anwalt.