IHD: AKP-Regime fördert Rechtsverletzungen an Minderjährigen

Die Kinderrechtskommission des Menschenrechtvereins IHD hat ihren Bericht über Rechtsverletzungen gegenüber Minderjährigen veröffentlicht. Demnach kamen im vergangenen Jahr allein in Nordkurdistan 41 Minderjährige ums Leben.

Die Kinderrechtskommission der Amed-Sektion des Menschenrechtsvereins IHD (İnsan Hakları Derneği) hat ihren Bericht zu „Kinderrechtsverletzungen in der Region Südostanatolien im Jahr 2018“ veröffentlicht. Der Bericht wurde im Rahmen einer Pressekonferenz von dem Rechtsanwalt Ercan Yılmaz vorgestellt, der selbst Mitglied der Kinderkommission ist. Yılmaz erklärte, dass in der Region die Rechte von Minderjährigen permanent verletzt werden, obwohl sie eine der schutzbedürftigsten Gruppen darstellt. Unter den Verstößen gegen Kinderrechte seien Gewalt, sexueller Missbrauch, Kinderarbeit und Tod bei der Arbeit, Heiraten im Kindesalter, das Vorenthalten einer Bildung in Muttersprache und die Folgen eines unzureichenden Bildungssystems am sichtbarsten.

Folter und Misshandlung

Der Jurist berichtete, das Jahr 2018 sei das Jahr mit den meisten Kinderrechtsverletzungen gewesen: „Wenn wir uns in der Bilanz unseres Berichts die Statistiken ansehen, sind insbesondere die Zahlen von extralegalen Hinrichtungen durch Sicherheitskräfte, Folter und Misshandlung bei der Festnahme und außerhalb von Festnahmeeinrichtungen auffällig.“

Zwangsarbeit bei Kindern

Weitere Informationen aus dem Bericht trug Yılmaz wie folgt vor: „In Folge der Anträge bei unserem Verein und unserer Beobachtungsarbeiten ist im Jahr 2018 in Ost- und Südostanatolien ein Kind aufgrund von Schüssen durch Sicherheitskräfte getötet und ein weiteres Kind verletzt worden. Bei bewaffneten Auseinandersetzungen wurde ein Kind verletzt, ein weiteres bei einem Bombenangriff getötet. Aufgrund von Behördenfehlern und Vernachlässigung sind drei Minderjährige gestorben. Zwei Kinder starben aufgrund der Detonation von Minen oder herumliegenden Sprengkörpern, zwei weitere wurden verletzt. Zwei Minderjährige sind auf verdächtige Art und Weise, drei weitere durch Suizid ums Leben gekommen, vier Minderjährige haben versucht, sich zu töten. Der türkische Präsident hatte das Jahr 2018 zum Kampfjahr gegen Kinderarbeit ausgerufen. Nach Zahlen des gewerkschaftsnahen Verbands für Arbeitsplatzsicherheit (İşçi Sağlığı ve İş Güvenliği, İSİG) sind im vergangenen Jahr allein in Süd- und Südostanatolien 22 Minderjährige bei der Kinderarbeit gestorben.“

54 Minderjährige festgenommen

Die Amed-Sektion des IHD hat außerdem 54 Ingewahrsamnahmen bei Razzien und Auseinandersetzungen registriert, die Kindern und Jugendliche betrafen. Der Anwalt Yılmaz berichtete dazu: „Von 54 Kindern wurden fünf inhaftiert. Zwei von ihnen wurden bei der Festnahme gefoltert, drei weitere außerhalb der Festnahmeeinrichtungen. Zwei Minderjährige wurden nach ihrer Inhaftierung im Gefängnis gefoltert oder misshandelt. Im Jahr 2018 ging die Gewalt und der Missbrauch von Minderjährigen und die Verletzung ihres Rechts auf Leben innerhalb der Familie oder im öffentlichen Raum ebenfalls weiter; sieben Minderjährige wurden getötet, 14 Minderjährige verletzt, 92 Minderjährige missbraucht und vier Minderjährige entführt.“

41 Minderjährige in Nordkurdistan getötet

Nach Angaben von Yılmaz wurden 2018 allein in Nordkurdistan 41 Minderjährige getötet, 64 weitere wurden verletzt. Die Täter würden durch eine Politik der Straflosigkeit geschützt, so der Anwalt.

 „Aufgrund der Auswirkungen des Krieges, Behördenfehlern, Vernachlässigung, Morden unbekannter Täter, der Explosion von Minen und Sprengkörpern, Erschießungen an der Grenze, Kinderarbeit, verdächtigen Ursachen und Suiziden sind nach unseren Ermittlungen im Jahr 2018 in unserer Region 41 Minderjährige getötet und 64 verletzt worden. Trotz dieser Verletzungen des Rechts auf Leben wurden von der Justiz diesbezüglich keine wirksamen oder gerechten Ermittlungen geführt, die Verdächtigen geheim gehalten und nicht vor Gericht gestellt. Solche, die vor Gericht gestellt wurden, sind mit Straflosigkeit geschützt worden. Diese Praxis stellt eine Ermutigung der Täter dar und fördert die Fortsetzung der begangenen Rechtsverletzungen.“

„Das Amnestiegesetz steigert die Zahl von Kinderehen“

Yılmaz warnte auch vor dem Entwurf eines Amnestiegesetzes für Kinderehen durch die AKP-Regierung: „Eine der wichtigsten Ursachen für Kinderrechtsverletzungen im familiären Umfeld, wie auch im öffentlichen Raum ist das Fehlen einer konstruktiven Sozialpolitik und entsprechenden Gesetzen in Bezug auf Kinder. Der gerade wieder in die Diskussion eingebrachte Gesetzentwurf einer Amnestie für ‚Ehen im jungen Alter‘, der die Interessen der Minderjährigen und das Recht auf Entwicklung vollkommen missachtet, wird ohne Zweifel die Zahl der Zwangsheiraten von Minderjährigen steigern.“

Die grundlegendste und menschlichste Aufgabe sei es, das Recht auf Leben von Kindern zu verteidigen und Rechtsverletzungen gegen Kinder zu bekämpfen. Der Anwalt appellierte: „Kinder haben das Recht, in einer Welt zu leben, in der sie nicht gefoltert und in Gefängnisse geworfen, nicht ermordet werden, in der sie frei in ihrer Muttersprache - ohne Diskriminierung - Bildung erfahren können, wo sie nicht zur Arbeit gezwungen werden, nicht Gewalt und Missbrauch ausgesetzt und nicht zur Ehe gezwungen werden. Dieses Recht muss in jedem Fall umgesetzt werden.“

Der vollständige Bericht ist unter folgendem Link abrufbar: „2018 Yılı Doğu ve Güneydoğu Anadolu Bölgesi Çocuk Haklarına Yönelik İhlaller Raporu