25 Jahre Samstagsmütter: Mit Nelken gegen Polizeiblockade

Vor 25 Jahren zogen die Samstagsmütter erstmalig vor das Galatasaray-Gymnasium in Istanbul, um Aufklärung über das Schicksal ihrer verschwundenen Angehörigen zu fordern. Heute warfen sie Nelken über die Polizeigitter auf dem abgesperrten Platz.

Am 27. Mai 1995 setzten sich die Samstagsmütter erstmalig vor das Galatasaray-Gymnasium auf der belebten Istiklal Caddesi in Istanbul, um Aufklärung über das Schicksal ihrer nach der Festnahme „verschwundenen“ Angehörigen und eine Bestrafung der Täter zu fordern. Diese Forderung wiederholten sie seitdem 792 Mal. Seit der 700. Woche wird ihnen der Zugang zum Galatasaray-Platz von den türkischen Behörden verwehrt, ihre wöchentlichen Kundgebungen werden in einer kleinen Seitenstraße vor der Istanbuler Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD abgehalten und finden seit Beginn der Corona-Pandemie nur noch online statt..

Aus Anlass des Jubiläums versuchten die Samstagsmütter heute ein weiteres Mal, auf ihren angestammten Platz auf der Istiklal Caddesi zu ziehen, um dort eine Erklärung abgegeben. Unterstützt wurden sie dabei von der Istanbuler IHD-Vorsitzenden Gülseren Yoleri. Der Platz war jedoch bereits im Vorfeld mit Polizeigittern abgesperrt worden, den Frauen wurde der Zugang untersagt. Daraufhin warfen die Frauen und ihre Unterstützer mitgebrachten Nelken über die Absperrung und brachten in Sprechchören zum Ausdruck, dass sie nicht damit aufhören werden, nach ihren vermissten Angehörigen zu suchen.

Maside Ocak, deren Bruder Hasan Ocak nach seiner Festnahme am 21. März 1995 verschwunden ist und dessen Leiche später in einer anonymen Grabstätte beerdigt wurde, hielt eine kurze Ansprache, in der sie betonte, dass der Kampf der Samstagsmütter weitergeht. Ähnlich äußerte sich auch Hasan Karakoç, dessen Bruder Ridvan Karakoç 1994 verschwunden ist und der ebenfalls anonym begraben wurde. „Wir haben unsere Jugend auf diesem Platz verbracht. Wir kommen hierher, damit keine Menschen mehr nach der Festnahme verschwinden. Das tun wir seit einem Vierteljahrhundert. Auch wenn tausend Jahre vergehen, wird dieser Kampf nicht aufgegeben werden. Es ist eine Schande für dieses Land. Tausende Menschen sind grausam ermordet worden. Inzwischen sind es ihre Enkel, die sich für sie einsetzen.“

Archivbild, Datum unbekannt