Die türkischen Behörden in der nordkurdischen Provinz Şirnex (tr. Şırnak) haben ein Zutrittsverbot zu mehreren Dörfern am Cûdî-Gebirge erteilt. Betroffen von der Maßnahme sind nach bisherigem Stand insgesamt sieben Dörfer. Wo die Bewohnerschaft währenddessen unterkommen soll, sei ihnen selbst überlassen. Temporäre Unterkünfte vom Staat gebe es jedenfalls nicht.
Eine offizielle Anordnung für das Verbot liegt bisher nicht vor. Das Gouverneursamt als zuständige Stelle hat die Gemeinde- und Dorfvorsteher angewiesen, für die Umsetzung der Maßnahme zu sorgen. Das Zutrittsverbot in den Ortschaften Xinis, Şemga, Sorbitmê und Girêçolya im Kreis Silopiya gilt bereits seit dem 11. Mai. Diesen Sonntag wurde die „bis auf Weiteres unbefristete“ Regelung auf die Dörfer Serêdehlê, Avgamasya und Şilewêt ausgeweitet.
Hintergrund des Zutrittsverbots zu den Dörfern ist eine seit dem 24. April im Cûdî-Gebirge andauernde und inzwischen ausgedehnte Militäroperation der türkischen Armee gegen die kurdische Guerilla. Die Entscheidung dafür war vom türkischen Verteidigungsministerium als Reaktion auf eine Reihe erfolgreicher Guerillaaktivitäten getroffen worden. Bei Aktionen von Kämpferinnen und Kämpfern der YJA Star und HPG und Gefechten mit Operationseinheiten in den Cûdî-Bergen wurden in der letzten April-Woche mindestens acht Soldaten getötet, weitere wurden verletzt.
Offiziell war in Ankara allerdings nur von zwei Verlusten die Rede. Dabei handelte es sich wohl um einen Leutnant der Militärpolizei und einen Stabsunteroffizier. Nach dem Vorfall hatten der türkische Innenminister Süleyman Soylu und Divisionsgeneral Aydoğan Aydın den verletzten Militärs einen Besuch im staatlichen Krankenhaus von Şırnak abgestattet. Seitdem finden in der Region große Truppenkonzentrationen statt. Das Operationsgebiet wird immer weiter ausgedehnt, an der Offensive beteiligen sich auch paramilitärische Dorfschützerverbände aus Şirnex.
Politische Repression in Şirnex
Parallel zu der Militäroperation im Cûdî-Gebirge zeichnet sich in Şirnex auch eine neue Stufe im politischen Vernichtungsfeldzug gegen die kurdische Bevölkerung ab. Binnen einer Woche sind über vierzig Personen aus der Provinz festgenommen worden, fünf Menschen wurden verhaftet. Grundlage des politischen Vernichtungsfeldzugs ist ein von der Generalstaatsanwaltschaft Şırnak geführtes Ermittlungsverfahren. Die Hintergründe sind allerdings unklar, da über die Akte ein Geheimhaltungsbeschluss verhängt worden ist.