Zum achten Todestag: Grabbesuch bei Tahir Elçi

An seinem Grab in Amed ist an Tahir Elçi erinnert worden. Der ehemalige Präsident der örtlichen Rechtsanwaltskammer ist vor acht Jahren von einem türkischen Polizisten ermordet worden. Bis heute ist der Fall juristisch unaufgeklärt.

Acht Jahre nach den tödlichen Schüssen auf Tahir Elçi ist in Amed (tr. Diyarbakır) an den kurdischen Menschenrechtsanwalt erinnert worden. Der ehemalige Präsident der Rechtsanwaltskammer Diyarbakır hatte im Oktober 2015 in einer politischen Diskussionsrunde des Senders CNN Türk erklärt: „Auch wenn manche Aktionen der PKK Terrorcharakter haben, ist die PKK keine Terrororganisation, sondern eine bewaffnete politische Bewegung, deren politische Forderungen eine große Unterstützung in der Bevölkerung genießen.“

Während solche Äußerungen auch von Politikern der regierenden AKP in der Phase des Waffenstillstandes ohne strafrechtliche Konsequenzen getätigt wurden, wurde Elçi kurz darauf festgenommen und nur unter Auflagen wieder entlassen. Am 28. November 2015 wurde er während einer Pressekonferenz in der Altstadt von Amed gezielt von einem Polizisten erschossen. Unmittelbar vor seinem Tod warb Tahir Elçi vor Journalisten für Frieden in der Region: „In diesem Gebiet, das Heimat so vieler Zivilisationen war, wollen wir keine Schüsse, keine Gewalt und keine Operationen“, sagte er, dann fielen Schüsse. Er wurde von einem Geschoss in den Kopf getroffen und verstarb vor Ort. Zu der Zeit galten in etlichen kurdischen Städten im Zuge der Militärbelagerung Ausgangssperren, so auch im Altstadtbezirk Sûr. Viele Orte wurden in der Folge regelrecht dem Erdboden gleichgemacht.

Fotos: MA

Für das heutige Gedenken trafen sich Familienangehörige, Anwältinnen und Anwälte sowie Handelnde aus Politik und Zivilgesellschaft auf dem Friedhof in Rezan (Bağlar) zu einem Grabbesuch bei Tahir Elçi. Unter den Anwesenden war auch Erinç Sağkan, Vorsitzender der Vereinigung türkischer Rechtsanwaltskammern (TBB). Nahit Eren, Präsident der Rechtsanwaltskammer Diyarbakır, kritisierte in einer Ansprache den „Unwillen“ der türkischen Justiz, den Mord an Elçi aufzuklären, obwohl die Täter bekannt seien. Er würdigte seinen Vorgänger als mutigen und unermüdlichen Verfechter der Menschenrechte und betonte, dass der Kampf um Gerechtigkeit für Elçi so lange fortgesetzt werde, bis die Täter verurteilt und bestraft werden.

„Wir werden nicht ruhen, bis Gerechtigkeit herrscht“

Der stellvertretende HEDEP-Vorsitzende Öztürk Türkdoğan sagte: „Tahir Elçi hat sich für Frieden in Kurdistan eingesetzt. Den Preis dafür hat er mit seinem Leben bezahlt.“ Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CHP im türkischen Parlament, Ali Mahir Başarır, kritisierte ebenfalls, dass der Mordfall Elçi bis heute juristisch unaufgeklärt ist. „Unsere gemeinsame Botschaft als Vertretung der Anwaltskammern und Abgeordneten des Parlaments an die Türkei lautet: Wir werden nicht ruhen, bis Gerechtigkeit herrscht.“ Nach weiteren Reden wurden rote Nelken an der Grabstelle von Elçi niedergelegt, bevor der Friedhof in einem Schweigemarsch verlassen wurde.

Wer war Tahir Elçi?

Tahir Elçi stammte aus Cizîr (Cizre) in Şirnex. Er gehörte zu den Gründern der Stiftung für Menschenrechte in der Türkei (TİHV) und war sowohl beim Menschenrechtsverein IHD als auch innerhalb von Amnesty International (ai) aktiv. Nicht nur im Inland hat Tahir Elçi Verfahren für Opfer der türkischen Staatsgewalt und von Menschenrechtsverletzungen in Kurdistan geführt, sondern viele von ihnen auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) vertreten. Er selbst war von Beginn seiner anwaltlichen Tätigkeit an staatlicher Verfolgung ausgesetzt.