Die kurdische Frauenbefreiungsbewegung ist nicht schutzlos
Im Rahmen des 12. Kongresses der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der vom 5. bis 7. Mai in den Medya-Verteidigungsgebieten stattfand, äußerte sich Zozan Çewlîk, Kommandantin des zentralen Hauptquartiers der Verbände freier Frauen (YJA Star), zur Rolle und Bedeutung der kurdischen Frauenbewegung. Ihre Ausführungen verdeutlichen die politische, ideologische und existenzielle Verortung der Frauenbefreiungskämpfe innerhalb des kurdischen Widerstands.
Çewlîk betonte, dass kurdische Frauen derzeit einer Form von strukturellem und physischem Vernichtungsversuch ausgesetzt seien, den sie als „Feminizid in kolonialem Kontext“ verstehe. Dieser Zustand mache es notwendig, die Frauenbefreiungsbewegung nicht nur als politische Strömung, sondern als integralen Bestandteil eines kollektiven Selbstverteidigungsakts zu verstehen. In ihren Worten: „Frauen befinden sich aktuell im Angesicht eines Feminizids. Daher ist es unmöglich, dass der Kampf um Frauenbefreiung ungeschützt bleibt.“
Sie verwies dabei ausdrücklich auf Abdullah Öcalan, den inhaftierten Vordenker der PKK, dessen politische Philosophie die theoretische Grundlage für die kurdische Frauenbewegung bildet. Laut Çewlîk sei Öcalans Frauenverständnis grundlegend transformativ: „Er begreift Frauen nicht nur als Subjekte historischer Unterdrückung, sondern auch als schöpferische Kraft der Gesellschaft, die zur politischen Avantgarde des gesellschaftlichen Wandels werden können“. Seine Analyse, dass Frauen durch Krieg, patriarchale Politik und ökonomische Entmündigung systematisch aus dem gesellschaftlichen Leben verdrängt worden seien, sei für die Bewegung konstitutiv.
Çewlîk führte weiter aus, dass die Verteidigung von Öcalans politischer Linie zugleich die Verteidigung einer emanzipatorischen Frauenperspektive sei, die auf Selbstbestimmung, demokratischer Organisierung und kollektiver Sicherheit basiere. In diesem Zusammenhang stelle die Existenz von Frauenverteidigungskräften wie den YJA Star nicht nur eine militärische Notwendigkeit dar, sondern sei Ausdruck einer gesellschaftlich verankerten Verteidigungsphilosophie.
„Die Frauenbefreiungsbewegung ist die Garantie für die Verwirklichung eines demokratischen Gemeinwesens. Ihre Stärke speist sich aus dem Bewusstsein der Frauen und der organisierten Selbstverteidigung“, so Çewlîk. Nur durch ein kollektives weibliches Bewusstsein, das sich auf eine eigene Subjektivität stützt, könne ein nachhaltiger Widerstand gegen patriarchale und koloniale Gewaltstrukturen geführt werden.
Abschließend unterstrich Çewlîk, dass die kurdische Frauenbewegung ihre Stärke aus der Verbindung von ideologischer Überzeugung und gelebter Praxis ziehe – und dass diese Verbindung nicht aufzuhalten sei: „Niemand kann sich der Frauenbefreiung in den Weg stellen, denn das Bewusstsein ist bereits verankert – und jede Frau weiß: Freiheit ist ohne Verteidigung nicht möglich.“