Zahl der Verhaftungen in Amed steigt

Die Zahl der Haftbefehle im Zusammenhang mit der „Anti-Terror-Operation“ gegen die kurdische Opposition und Zivilgesellschaft mit Schwerpunkt Amed hat sich auf mindestens 27 erhöht. Unter den Verhafteten sind auch drei Rechtsanwält:innen.

Die Zahl der Haftbefehle im Zusammenhang mit der „Anti-Terror-Operation“ gegen die kurdische Opposition und Zivilgesellschaft mit Schwerpunkt Amed (tr. Diyarbakır) hat sich mittlerweile auf mindestens 27 erhöht. Am Vortag waren bereits vier Haftbefehle gegen Medienschaffende ergangen, darunter der bekannte Fotojournalist und MA-Redakteur Abdurrahman Gök sowie die JinNews-Korrespondentin Beritan Canözer. In der Nacht zum Freitag verhängte die 3. Strafabteilung des Amtsgerichts Diyarbakır gegen weitere 23 Personen Untersuchungshaft. Sie werden auf Grundlage obskurer Aussagen eines Zeugen der PKK-Mitgliedschaft beschuldigt.

ÖHD-Mitglieder verhaftet

Unter den nun Verhafteten befinden sich auch drei Rechtsanwält:innen. Es handelt sich um Özüm Vurgun, Serhat Hezer und Burhan Arta. Ihre Kolleg:innen Eylül Özgültekin, Gurbet Özbey Öner, Jiyan Sametoğlu, Bünyamin Şeker, Berdan Acun, Halise Dakalı, Fırat Taşkın, Kenan Angay und Mustafa Şenci sind gegen polizeiliche Meldeauflagen und Ausreiseverbot auf freien Fuß gesetzt worden. Bei allen Anwält:innen handelt es sich um Mitglieder des Vereins der Juristen für Freiheit (Özgürlük için Hukukçular Derneği, ÖHD). Die Vereinigung ist häufig im Visier der türkischen Verfolgungsbehörden, da sie bekannt für ihren Kampf bei der Durchsetzung von Menschen- und Bürgerrechten in den kurdischen Gebieten ist und Mitglieder vorwiegend politische Mandate übernehmen. Die Vorgängerorganisation des ÖHD wurde 2016 per Notstandsdekret verboten.

Über Verbleib von Dutzenden in Gewahrsam herrscht Unklarheit

Die Namen weiterer verhafteter Personen, darunter Mitglieder der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und Grünen Linkspartei (YSP) sowie Aktive der kurdischen Jugendbewegung lauten: Devrim Roni Atik, Kadir Şenci, Berfin Can, Muhsin Acar, Osman Demir, Rumet Çetin, Mehdi Kaya, Cotkar Amara Yürek, Hamza Cihangir, Hasret Yelboğa, Suat Arda Işık, Şahin Biçimli, Hakim Kaya, Mikail Barut, Tacettin Araz, Nurullah Özgün, Abdulbahri Maviay, Ferit Aktepe, Şervan Doğan und Cesur Yılmaz. Gegen weitere 20 Personen, darunter die Schauspielerinnen des Stadttheaters Amed, Elvan Koçer und Şahperi Alphan Bayhan, der Geschäftsführer der Journalistenvereinigung DFG und Konzessionär der Zeitung Xwebûn, Kadri Esen, und Abdulgani Alkan aus dem Vorstand des 78er-Vereins, wurden ebenfalls Meldeauflagen und Ausreiseverbote angeordnet. Über den Verbleib von rund 60 Personen, die sich noch in Polizeigewahrsam befinden, herrscht noch Unklarheit.

Versuch einer gezielten Schwächung der Opposition

Weniger als drei Wochen vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 14. Mai in der Türkei hatten Justiz und Polizei am Dienstag zu einem neuerlichen Repressionsschlag ausgeholt und Festnahmen in 21 Provinzen durchgeführt. Bei den Betroffenen handelt es sich um ranghohe Funktionäre und Mitglieder der YSP und HDP, Presseleute, Rechtsbeistände sowie Aktive aus Kunst und Kultur. Insgesamt waren 216 Personen zur Festnahme ausgeschrieben, bis Donnerstag waren über 130 Ingewahrsamnahmen erfolgt. Die Leitung der „Operation“ liegt formell bei der Oberstaatsanwaltschaft Diyarbakır, es wird jedoch angenommen, dass das türkische Innenministerium Initiator und Lenker ist. Die HDP wirft der Regierung „Wahlkampf-Sabotage“ und den Versuch einer gezielten Schwächung der Opposition vor.