Wan: Kleine Läden müssen schließen

Im vergangenen Jahr haben 400 Läden in der nordkurdischen Stadt Wan schließen müssen. Dieser Trend setzt sich auch 2021 fort. Viele Gewerbebetreibende wissen nicht mehr, wie sie überleben sollen.

In der Provinz Wan (tr. Van) potenziert sich das ökonomische Leid und die grassierende Armut in Nordkurdistan. Die Wirtschaftskrise in der Türkei schlägt sich in Nordkurdistan besonders nieder, denn die Region ist vom Krieg geprägt. Die Pandemie tut ihr Übriges. In Wan kommt hinzu, dass die Erdbebenkatastrophe von 2011 noch lange nicht überwunden ist und kaum echte Hilfe vom Regime geleistet wurde. Die Provinz Wan grenzt an Ostkurdistan, das heißt ans iranische Staatsgebiet an. Eine der wichtigsten Einnahmequellen stellt daher der Grenzübergang zum Iran dar. Dieser ist allerdings seit etwa einem Jahr aufgrund der Pandemie geschlossen. Dies verschärft die Situation noch weiter. Gewerbebetreibende haben sich gegenüber ANF zu ihren Problemen geäußert.

 

Wir können nicht einmal mehr unsere Miete bezahlen“

Einer dieser Händler ist Faruk Bilgi. Er sagt, dass die Probleme von Tag zu Tag anwachsen würden, und führt aus: „Die Tatsache, dass alle unsere Läden geschlossen sind, wirkt sich negativ für uns aus. Wir können unsere Miete nicht einmal mehr bezahlen. Wir haben im letzten Jahr alles verbraucht, was wir in der Tasche hatten. Die meisten Ladenbesitzer versuchen zu überleben, indem sie ihr Auto oder ihr Haus verkaufen. Wenn es keine Veränderung gibt, müssen die Geschäfte allesamt schließen. Niemand hört zu, niemand tritt für uns ein. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Worte reichen nicht aus, um unsere Sorge zu erklären. Der geschlossene Grenzübergang Kapıköy wirkt sich negativ auf die Geschäfte in Wan aus. Es sollten so bald wie möglich die notwendigen Maßnahmen getroffen werden und der Grenzübergang Kapıköy den Dienst wieder aufnehmen.“

Die Supermärkte haben die kleinen Läden zerstört

Suat Acar, der eine Kantine in einer Schule betreibt, erklärt: „Die Unterstützung, die uns angeblich gewährt wird, ist nie genug. Ich führe eine Kantine in einer Schule. Sie wird wahrscheinlich erst im September wieder öffnen. Die Regierung macht nichts in dieser Hinsicht. Die Lage ist wirklich schlecht im Moment. Wir verschulden uns Tag für Tag mehr. Selbst wenn unsere Geschäfte morgen öffnen, werden wir ein paar Jahre brauchen, um die Schulden, die wir in dieser Zeit angesammelt haben, zu begleichen. Es muss Unterstützung geleistet werden, Zuschüsse sind erforderlich, zinslose Darlehen müssen angeboten werden. Ich glaube nicht, dass wir ohne Unterstützung überleben werden. Als kleine Läden sind wir jeden Tag ein wenig näher dem Ende. Wir können sowieso nicht mit Supermärkten konkurrieren. Wir kaufen die Ware in Paketen, sie kaufen die Ware LKW-weise. Das bedeutet, der Einkaufspreis für die Supermärkte ist viel niedriger. Wir können nicht mit ihnen konkurrieren.“

Die Kreditzinsen sind sehr hoch

Vahdet Tekin betreibt ein Lokal in Wan. Er sagt: „Aufgrund der Geschehnisse sind die Gewerbetreibenden in eine schwierige Lage gekommen. Auch wenn es ein Hilfspaket gibt, so nützt uns das gar nichts. Ich arbeite hier mit 20 Mitarbeitern. Wir haben einen Kredit beantragt, aber wir konnten ihn wegen der hohen Zinsen nicht bekommen. Wenn es so bleibt, werden wir dichtmachen. 90 Prozent der Geschäfte sind in der Türkei in solchen Schwierigkeiten.“