Ökonomische Krise trifft Hersteller von Milchprodukten

Die Wirtschaftskrise in der Türkei verschärft sich von Tag zu Tag. Auch die Hersteller und Händler von Butter, Käse und Milch sind schwer betroffen.

Die in der Kriegspolitik des AKP-Regimes begründete Wirtschaftskrise in der Türkei und Nordkurdistan nimmt immer größere Ausmaße an. Die Folgen der Wirtschaftskrise treffen die Produzenten von Käse, Butter und anderen Milchprodukten besonders schwer. Aus diesem Grund ist es in Amed (türk Diyarbakır) mittlerweile schwierig geworden, Produkte wie Butter, Käse und Milch zu kaufen. Der Anstieg der Marktpreise dieser Produkte bringt die Menschen in die schwierige Lage, sich diese Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten zu können. Allein im Januar stieg der Butterpreis von 55 auf 85 TL (Türkische Lira).


TURKSTAT arbeitet mit falschen Statistiken

Nach Angaben der türkischen Statistikbehörde (TURKSTAT) wurden in den ersten elf Monaten des Jahres 2020 71.000 Tonnen Butter in der Türkei produziert. Da die Produktion nicht ausreichte, wurden 8.000 Tonnen importiert. Dafür wurden 31,6 Millionen US-Dollar verwendet. Aufgrund der Verschuldung der Landwirte brach die Produktion ein, da zum Beispiel Landmaschinen im großen Stil gepfändet wurden und so die Produktion nicht mehr möglich war. Nach TURKSTAT-Daten sollen in den letzten elf Monaten 24 Millionen Tonnen Milch produziert worden sein. Angesichts dieser Daten müsste die Türkei der größte Butterexporteur sein. Dies deutet darauf hin, dass die von TURKSTAT angegebenen Zahlen nicht die Realität widerspiegeln. Aus diesem Grund machen die Milchproduzenten Verluste und ihre Situation verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Viehzucht kommt fast zum Erliegen. Auf dem Käsemarkt und der Gazi-Straße in Amed sind die Märkte wie ausgestorben, es gibt praktisch keinen Handel mehr. Markthändler schildern gegenüber ANF ihre Probleme mit der aktuellen Situation.

Die Taschen sind leer“

Der Händler Şehmus Ilah klagt: „Niemand hat Geld in der Tasche, die Leute können sich keinen Käse leisten. Obwohl wir den Käse fast für den Einkaufspreis verkaufen, können sich die Menschen nicht einmal mehr ein Kilo leisten. Es gibt keine Arbeit und der Käsemarkt ist deshalb leer. Seit langem geht das schon so. In den vergangenen Jahren kamen Menschen, die Amed besuchten, beim Käsemarkt vorbei und kauften kiloweise Käse und Butter. Aber wie Sie jetzt sehen können, gibt es niemanden auf dem Markt außer den Händlern. Ich habe meinen Laden in den frühen Morgenstunden aufgemacht. Jetzt ist es 12.30 Uhr und nicht eine einzige Person ist bei mir vorbeigekommen. Ich habe noch nichts verkauft. In dieser Zeit werden die Reichen reicher und die Armen ärmer. Der Handel in Amed ist tot, aber niemand weiß davon. Viele Bürger fragen nach dem billigsten Käse, weil sie kein Geld haben. Manchmal wollen sie sogar verdorbenen Käse kaufen. Was ist das für eine Situation?“

In meinen 43 Jahren hier habe ich keine solche Armut gesehen“

Der Käsehändler Mehmet Aras (55) berichtet vor dem Hintergrund seiner 43-jährigen Erfahrung auf dem Markt über die aktuelle Situation: „Ich habe noch nie eine solch erbärmliche Lage gesehen. Da die Milch so teuer ist, können die Produzenten keinen preisgünstigen Käse herstellen und verkaufen. Sie bleiben auf Milch und Käse sitzen. Wenn etwas monatlich um zehn Lira verteuert wird, haben die Menschen recht, wenn sie sagen, sie können nicht mehr einkaufen. Sowohl die Produzenten als auch Händler haben keinerlei Gewinn. Wir befinden uns schon lange in dieser Situation, wir können nichts mehr verkaufen. Wir haben unseren Laden ohnehin fünf Tage in der Woche offen. Wie kann ich in einer solchen Situation Miete und Rechnungen bezahlen? Wir können nicht einmal mehr unsere Schulden bezahlen; wir bekommen noch nicht einmal das Geld zurück, was wir ausgelegt haben. Diese Regierung hat alles verteuert, wie können da die Menschen kommen und einkaufen?

850 Läden in Amed wegen Krise geschlossen

Aziz Güner (67) öffnet seinen Laden in den Morgenstunden und schließt am Abend um 19 Uhr. Er berichtet, dass er zurzeit Produkte im Wert von fünf Lira am Tag verkauft. Er beschreibt seine Situation: „Ich bin Vater von sechs Kindern und pflege ein krankes Familienmitglied. Ich wurde auch schon an der Lunge operiert. Es ist nicht so einfach, sich um sechs Kinder zu kümmern, aber der Mann [Erdoğan] stellt sich hin und sagt: ‚Mit der Wirtschaft wird es in diesem Jahr aufwärts gehen.‘ Natürlich ist er wohlgemut, warum sollte er das nicht sagen? Niemand versteht die Lage der Armen. Ich sitze hier von morgens bis abends völlig umsonst. Ich bin Abonnent der Zeitung Yeni Yaşam, aber wenn die Zeitung gebracht wird, kann ich nicht einmal die bezahlen. Es ist unsere Zeitung und wir sollten sie unterstützen, aber wir können nicht. Unsere Situation verschlechtert sich aufgrund der Krise von Tag zu Tag. In Amed mussten rund 850 Läden wegen der Krise schließen. Tausende sind arbeitslos. Ich mache das seit 22 Jahren, aber so eine Krise habe ich noch nie erlebt.“