Vorgebliche „Terroristen-Nester“: Von Entvölkerung bedrohte Dörfer

Wenn die Türkei von „Terroristen-Nestern“ spricht, die sie vorgibt, bei Luftangriffen in Südkurdistan zerstört zu haben, dann sind in der Realität häufig nicht Guerillagebiete, sondern Dörfer und Siedlungen der angestammten Bevölkerung gemeint.

Wenn die Türkei von „Terroristen-Nestern“ spricht; vermeintlichen Höhlen, Unterständen, Bunkern oder Lager der Guerilla, die sie vorgibt, bei ihren völkerrechtswidrigen Luftangriffen in Südkurdistan zerstört zu haben, dann sind in der Realität häufig Eigentümer der Zivilbevölkerung gemeint, die von Kampfflugzeugen und Drohnen des türkischen NATO-Staates in Trümmer gebombt werden – nicht versehentlich, sondern gezielt. Ein aktuelles Beispiel dafür, dass die Türkei keinen „Kampf gegen den Terror“, sondern im Sinne ihrer imperialistischen Bestrebungen einen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung führt, ist die Zerstörung mehrerer Dörfer in Amêdî.

Die Ortschaften Mijê, Spîndarê und Kevne Mijê, die unweit des Gare-Massivs im Südosten von Amêdî liegen, waren Mitte Januar zunächst von Truppen der in Hewlêr (Erbil) regierenden PDK (Demokratische Partei Kurdistans), die für ihre pro-türkische Kollaborationspolitik bekannt ist, gewaltsam geräumt worden. Später warf die türkische Luftwaffe in mehreren Angriffswellen Bomben auf die Dörfer ab. Offiziell hieß es anschließend in gewohnt martialischer Manier, man habe „feindliche Ziele“ getroffen und „Terroristen neutralisiert“.

Bilder und Aufnahmen, die vom Journalisten Kurtay Serhat in Spîndarê gemacht wurden, dokumentieren nicht nur das Ausmaß der Zerstörung. Auch zeigen sie, dass es sich um Wohnhäuser, Tierställe und Brennholzlager der Dorfbevölkerung handelt, die bombardiert wurden. Ähnliche Szenen spielten sich kürzlich auch im ebenfalls zu Amêdî gehörenden Dorf Sergelê ab. Auch dort gingen von türkischen Kampfflugzeugen abgeworfene Bomben nieder – in unmittelbarer Nähe zu einem Gutshof. Einziger Unterschied: Der Besitzer hatte im Vorfeld einen Hinweis bekommen, dass es Attacken aus der Luft geben wird. Der Hof konnte so rechtzeitig geräumt und die rund 300 Rinder kurzfristig umgesiedelt werden. Auch die neun Angestellten verließen den Betrieb, Verletzte bei Mensch und Tier gab es nicht. Neben Gebäuden auf dem Gutshof waren jedoch auch einige Häuser der Bevölkerung durch die Bombardierungen beschädigt worden.

Die Geschehnisse in Amedî deuten darauf hin, dass die Dörfer entvölkert werden sollen, um Platz für neue Militärstraßen und Stützpunkte der türkischen Armee zu schaffen, damit die Besatzer näher an die von der Guerilla der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kontrollierten Medya-Verteidigungsgebiete heranrücken können. Kurtay Serhat sprach davon, dass nahezu alle Ortsvorsteher der Dörfer und Siedlungen im Tal zwischen Amêdî und der weiter östlich gelegenen Gemeinde Şîladizê von der PDK aufgefordert worden seien, Vorbereitungen für Räumungen zu treffen.