Türkisches Konsulat drückt seinen Dank an die YNK aus

Die Verantwortlichen der Patriotischen Union Kurdistan haben in ihrem Hoheitsgebiet die Räumlichkeiten der Partei Tevgera Azadî und der Frauenorganisation RJAK geschlossen. Doch weshalb kam es dazu und wem nützt diese Entscheidung?

In den letzten Tagen wurden die Schließungen der Räumlichkeiten der Bewegung für eine freie Gesellschaft in Kurdistan (Tevgera Azadiya Civaka Kurdistan) in mehreren Städten und des Büros der Organisation der freien Frauen – Kurdistan (Rêxistina Jinên Azadîxwaz ên Kurdistanê – RJAK) in Silêmanî vermeldet. Das ganze geschah innerhalb Südkurdistans Hoheitsgebiet der Patriotischen Union Kurdistans (YNK). Über die Umsetzung dieser Entscheidung freute sich letztlich zuallererst der türkische Staat, welcher über sein Konsulat auch zeitnah seinen Dank an die Verantwortlichen der YNK ausdrücken ließ.

Weshalb es zur Schließung der Räumlichkeiten von Tevgera Azadî und RJAK kam, interessiert natürlich weiterhin viele Kurdinnen und Kurden.

Der türkische Staat übt seit geraumer Zeit enormen Druck auf die YNK aus und versucht, die südkurdische Partei an ihre Seite zu ziehen. Erklärtes Ziel ist es, die YNK von ihrer Nähe zur Politik der kurdischen Einheit wegzubewegen. Um das zu veranlassen, offeriert die Türkei der Partei verschiedene Möglichkeiten. So wird die Öffnung des Flugverkehrs für den Flughafen von Silêmanî, der Aufbau von Handelsbeziehungen und die Wiedereröffnung einer Vertretung der YNK in der Türkei hierfür in Aussicht gestellt. Die Partei soll somit ähnlich auf Linie gebracht werden wie die Demokratische Partei Kurdistans (PDK) in Südkurdistan. Dass Vertreter der YNK hierfür bereits im Dialog mit türkischen Verantwortlichen stehen, gelangte unlängst über die Medien an die Öffentlichkeit.

YNK möchte dem Vorbild der PDK folgen

In Südkurdistan ist es bislang die PDK, die engste Beziehungen zum türkischen Staat pflegt. Um die wirtschaftlichen Beziehungen warm zu halten, ist die Partei Barzanîs auch bereit, politische Zugeständnisse an die Türkei zu machen. So drängt Ankara die PDK permanent dazu, sich gegen die kurdische Einheit und die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu stellen. Eine ähnliche Einstellung erwarten die türkischen Machthaber von der PDK auch in Hinblick auf Rojava. Im Gegenzug hierfür darf die Demokratische Partei Kurdistans nicht nur Erdölhandel mit der Türkei betreiben, sondern genießt auch anderweitige wirtschaftspolitische Vorteile. Diese Bündnispolitik zwischen der PDK und dem AKP nutzt letztlich dem Erdoğan-Regime.

Innerhalb der YNK gibt es einen Parteiflügel, der ebenfalls auf die wirtschaftlichen Vorzüge einer Zusammenarbeit mit dem türkischen Staat drängt. Der Preis für eine solche Annäherung ist zunächst einmal die Schließung der Räumlichkeiten von Tevgera Azadî und RJAK. In den nächsten Schritten wird die Türkei von der YNK sicherlich verlangen, den Bewegungsraum der kurdischen Freiheitsbewegung einzuschränken und womöglich in Bezug auf Rojava und Şengal eine politische Haltung im Sinne der Türkei anzunehmen oder zumindest gegenüber der türkischen Aggression sich in Schweigen zu hüllen.

Auf eine Forderung der Türkei folgt schon bald die nächste

Die aufgezählten Forderungen des türkischen Staates werden nur die ersten sein. Denn wenn wir eines von der Politik der Türkei wissen, dann dass sie auf ein erzwungenes Zugeständnis schon bald das nächste einfordert. Eine kurdische Organisation, die einen vermeintlichen Mittelweg einschlagen will, wird die Türkei nicht akzeptieren. Ankara wird solange den Druck aufrecht erhalten und diese Organisation solange zur Selbstaufgabe drängen, bis diese sich am Ende selbst nicht mehr erkennt. Auf diesem Wege hat sie die PDK beispielsweise dazu gebracht, dass diese das Gebiet Behdînan in Südkurdistan für die türkische Armee zur Besatzung freigibt.

Somit werden kurdische Organisationen zu einfachen Handlangern eines Regimes gemacht, das die Tradition einer hundertjährigen Vernichtungspolitik gegenüber der kurdischen Bevölkerung fortsetzt. Die unterstützende Haltung Ankaras bei der Besetzung von Kerkûk, die Besatzung von Efrîn und der anhaltende Bevölkerungsaustausch in der Region, die Zerstörung ganzer Städte in Nordkurdistan und die grausame Ermordung von Menschen in Cizîr, die in den Kellern vor den Angriffen des türkischen Staates Schutz suchten, sind alles Beweise für die kurdenfeindliche Politik des türkischen Staates.

Und was gewinnt die YNK durch diese Politik?

Die YNK hatte sich bislang als eine Partei präsentiert, die im Sinne einer kurdischen Einheit agiert. Dessen war sich auch die kurdische Öffentlichkeit bewusst. Es ist deshalb äußerst fragwürdig, ob die YNK aus ihrer Annäherung zur Türkei irgendein politisches Kapital wird schlagen können. Es bleibt auch abzuwarten, welche Auswirkungen diese Annäherungspolitik auf die traditionell engen Beziehungen der Partei zum Iran haben werden. Folgenlos bleibt dieser Beschluss der YNK sicherlich nicht.

Den größten Schaden richtet die YNK mit ihrer Entscheidung jedenfalls unter den Kurden an. Sie rückt damit von ihrer bisherigen Haltung zu einer Politik der kurdischen Einheit ab.