Tote bei türkischen Drohnenangriffen in Pêncwên

Unbeachtet von der westlichen „Wertegemeinschaft“ setzt das NATO-Mitglied Türkei seine völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen in Südkurdistan fort. In Pêncwên bei Silêmanî sind mindestens drei Menschen bei Drohnenangriffen getötet worden.

Unbeachtet von der westlichen „Wertegemeinschaft“ setzt das NATO-Mitglied Türkei seine völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen im Ausland fort. Am Samstagabend gab es nach türkischen Drohnenangriffen in Pêncwên bei Silêmanî in der Kurdistan-Region Irak (KRI) Tote und Verletzte. Die unbemannten Kampfbomber zielten um etwa 19 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MEZ) auf mehrere Dörfer in dem Distrikt, in der Ortschaft Wiryawa wurde ein Fahrzeug bombardiert. Nach örtlichen Behördenangaben kamen drei der Insassen ums Leben, eine weitere Person wurde schwer verletzt.

Identitäten noch unklar

Ob es sich bei den Toten um Zivilist:innen oder Angehörige politischer Organisationen handelt, ist bislang noch unklar. Die Behörden machten keine Angaben zur Identität der Opfer. In Berichten von Medieneinrichtungen, die der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) nahestehen, heißt es wie üblich bei türkischen Angriffen in der KRI, die Getöteten seien Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gewesen. Die Bewegung selbst äußerte sich bisher nicht zu den Luftschlägen. Die Nachrichtenagentur RojNews berichtete derweil, dass es im Vorfeld intensive Aufklärungsflüge über dem bombardierten Gebiet gegeben habe und die Drohnenangriffe kurz nach Sonnenuntergang einsetzten – als in vielen Orten Pêncwêns ein gemeinsames, öffentliches Fastenbrechen gefeiert wurde. Neben Wiryawa wurde auch Salyawa und Kanî Mîran Kewin angegriffen.

Auch Iran bombardiert die Region regelmäßig

Pêncwên (dt. Pendschwin) ist der östlichste Distrikt von Silêmanî, das von der Patriotischen Union Kurdistans (YNK) verwaltet wird, und liegt nur wenige Kilometer von der Grenze zu iranischem Staatsgebiet. Viele Dörfer in der Bergregion gelten nach großer Zerstörung im Verlauf des Ersten Golfkrieges mittlerweile wieder als dicht besiedelt. Dennoch kommt es dort immer wieder zu Bombardierungen durch die türkische Luftwaffe. Auch das Regime des Iran greift die Region mitunter an. Auf dem Höhepunkt der „Jin, Jiyan, Azadî“-Proteste in Rojhilat und Iran im vergangenen Jahr verliefen die Angriffe beider Staaten auf kurdische Siedlungen im irakisch-iranischen Grenzgebiet bei Silêmanî parallel zueinander.

Systematische Verstoße gegen das Gewaltverbot

Türkische Luftangriffe im südlichen Teil Kurdistans gehören seit Jahren zur Routine. Die Türkei führt einen von der internationalen Öffentlichkeit weitgehend unbeachteten Angriffskrieg gegen die Region und begründet dies damit, „Terrorismus“ zu bekämpfen – gemeint ist die PKK – und dem Recht auf Selbstverteidigung. Damit verstößt das von Recep Tayyip Erdogan regierte Land gegen das Völkerrecht, wie unter anderem auch ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages unmissverständlich feststellt. Es gebe keine Selbstverteidigungssituationen, die Türkei verstoße gegen das Gewaltverbot. Da die USA und der Irak den Luftraum in der KRI kontrollieren, liegt die Vermutung nahe, dass die Angriffe von Washington und Bagdad toleriert werden. Die Türkei setzt dabei Kampfdrohnen ein, deren Technologie zum Teil aus Deutschland kommt. Diese Waffen töten nicht selten auch Zivilist:innen und werden von Ankara auch gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (AANES) eingesetzt.

„Westlicher Partner Türkei“ bekämpft Anti-IS-Kämpfer

Erst vor zwei Tagen wurde bei einem Drohnenschlag in der Nähe von Qamişlo ein langjähriges Mitglied der Volksverteidigungseinheiten (YPG) ermordet. Baran Nisêbîn hatte jahrelang gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gekämpft und war an der Befreiung von Kobanê, Raqqa und Deir ez-Zor beteiligt. Vorletzten Freitag wurde auf den Generalkommandanten der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, am Flughafen von Silêmanî ein Attentat verübt – in Form eines Drohnenangriffs der türkischen Armee. Abdi hielt sich in einer Fahrzeugkolonne auf, in der auch Personal des US-Militärs war. Bei dem Anschlag wurde niemand verletzt.