Im Windschatten der Militärbelagerung im nordkurdischen Landkreis Licê sind sieben weitere Personen aus der Region unter dubiosen Terrorvorwürfen verhaftet worden. Die Betroffenen, darunter ein 63-Jähriger, werden im Rahmen eines militärpolizeilichen Ermittlungsverfahrens der PKK-Mitgliedschaft beschuldigt. Begründet wird die bereits am vergangenen Freitag angeordnete Untersuchungshaft mit den Aussagen eines anonym gehaltenen „Zeugen“, hieß es. Weitere Informationen liegen nicht vor, da über die Akte offenbar ein Geheimhaltungsbeschluss verhängt wurde. Die Militäroperation in Licê ist derweil ausgeweitet worden. Am Sonntag wurden intensive Militärbewegungen und Truppenkonzentrationen beobachtet.
Seit dem 9. Januar werden in Licê bei Amed (tr. Diyarbakir) mehrere Siedlungsgebiete von der türkischen Armee belagert. Hintergrund ist eine luftunterstützte Militäroperation gegen die Guerilla in ländlichen Gebieten, die an die Dörfer Kerwas, Nenyas, Licok, Helhel und Mişrif grenzen. Gegen die Dorfbevölkerung wurde ein Ausgangsverbot ausgesprochen, das Betreten und Verlassen der eingekesselten Ortschaften ist damit untersagt. Mehrfach stürmten Soldaten bereits die betroffenen Dörfer und führten teils martialische Hausdurchsuchungen durch, bei denen es zu gewaltsamen Festnahmen kam.
Die Zustände deuten auf einen Racheakt der türkischen Armee an der kurdischen Zivilbevölkerung hin, da es im Vorfeld der Blockade zu Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der Volksverteidigungskräfte (Hêzên Parastina Gel, HPG) und Operationseinheiten gekommen war. Dabei wurde laut türkischem Verteidigungsministerium ein Soldat getötet, drei weitere seien verletzt worden. Es wird allerdings eine weitaus höhere Zahl tödlicher Verluste in den Reihen der türkischen Armee vermutet.
Mit Mehmet Şah Bozkuş aus dem Dorf Mişrif war es am 10. Januar zur ersten Verhaftung in dem von der Militärpolizei Diyarbakir angestrengten Verfahren gekommen. Bei den zuletzt verhafteten Dorfbewohnern handelt es sich vorliegenden Informationen nach um Sıddık Özkan (63), Ferzende Özkan und Ömer Yıldırım aus Licê sowie vier namentlich unbekannte Personen aus dem benachbarten Landkreis Hezo (Hazro). Ihnen wird ebenfalls Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen.