Die Festnahmeoperation gegen LGBTIQ (lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter und queer) im südkurdischen Silêmanî wird mit „Chaos und unsittlichen Handlungen in der Öffentlichkeit“ begründet. Mindestens „zehn schwule Personen“ befinden sich unter dem Vorwurf der „Prostitution“ in Gewahrsam, äußerte Pishtiwan Bahadin, Leiter der Direktion für Drogenkontrolle bei der Polizei Silêmanî, gegenüber NRT. Zu den Festnahmen war es am Donnerstagabend im Viertel Sarchinar gekommen. Wie es in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme der Polizei heißt, hätten sich Anwohnende über „sittenwidriges Verhalten“ beschwert. Einer der Betroffenen ist erst 17.
„Die Operation wurde im Rahmen der Pflichten der Sicherheitskräfte zum Schutz der öffentlichen Ordnung eingeleitet, nachdem wir zuvor Beschwerden der Bewohner erhalten haben, die sich durch eine Zunahme von Prostitutionsaktivitäten in der Gegend gestört fühlen“, geht aus der Polizeierklärung hervor. Ob bereits Anklage gegen die Betroffenen erhoben wurde, ist unklar. Die Festnahmen seien jedoch von einem Richter angeordnet worden. Innerhalb der LGBTIQ-Community wird befürchtet, dass die Operation ausgeweitet wird.
Weder in dem seit 2003 gültigen irakischen Strafgesetzbuch noch in den Gesetzen Südkurdistans sind gleichgeschlechtliche Beziehungen verboten. Doch die vage formulierten Vorschriften lassen Staatsanwaltschaft, Polizei- und Sicherheitskräften einen Raum für diskriminierende Strafverfolgungsmaßnahmen, die regelmäßig zu einer Verurteilung von, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Menschen mit anderer sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität führen.
Tanya Kamal Darwesh, Direktorin der Organisation Rasan, die sich für die Rechte von LGBTIQ-Menschen einsetzt, verlangt die sofortige Freilassung der festgenommenen Personen. Die Operation der Polizei Silêmanî reflektiere die „Unwissenheit der Gesellschaft über Sexualität“ und ihre Voreingenommenheit gegenüber LGBTIQ-Menschen. „Dass die Festgenommenen als schwul ‚wahrgenommen‘ werden, kann nicht als Begründung für eine Anklage herangezogen werden. Sie haben keine Straftat begangen. Die Sicherheitsbehörden müssen sie freilassen“, so Darwesh. Rasan werde die Sache weiterverfolgen und sich für die Betroffenen einsetzen.
Die Gruppe Yeksanî, die nach ihrem Selbstverständnis danach strebt, „soziale Freiheit und Existenzrechte für die LGBT+-Community in Irakisch-Kurdistan zu etablieren“, hat sich ebenfalls eingeschaltet und die Leitung der südkurdischen Autonomieregierung aufgefordert, gegen die „illegalen Festnahmen“ vorzugehen. Yeksanî warnt davor, dass die Betroffenen in Gewahrsam gefoltert werden und fordert strafrechtliche Konsequenzen für mögliche Beteiligte sowie für die Polizei als verantwortliche Stelle der Festnahmeoperation.