Einziger LGBTIQ-Organisation in Südkurdistan droht das Aus

Die Organisation Rasan ist die einzige NGO in Südkurdistan und dem Irak, die sich öffentlich für die Rechte von LGBTIQ-Menschen einsetzt. Ein homphober Abgeordneter hat nun Klage wegen „Unmoral“ eingereicht und fordert ein Vereinsverbot.

Auch wenn Homosexualität in der südkurdischen Autonomieregion und im Irak nicht unter Strafe steht, öffnet sich die Gesellschaft nur langsam. Die Organisation Rasan, die sich für die Rechte von LGBTIQ-Menschen (lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter und queer) einsetzt, will den Prozess beschleunigen. Doch geht es nach dem homphoben Parlamentsabgeordneten Omar Gulpi von der islamistischen Gruppe Komal, soll der Verein mit Sitz in Silêmanî verboten werden.

Im Februar hat Gulpi in Hewlêr eine Klage wegen „Unmoral“ eingereicht und fordert die Schließung des Rasan-Büros und den Entzug der Vereinslizenz. Der Islamist bezeichnet Homosexualität als eine „Verletzung des öffentlichen Anstandes“. Zudem predigt Gulpi bereits seit Wochen öffentlichkeitswirksame Hassreden und ruft damit zu homophoben Gewalttaten auf. Laut Rasan sei es bereits zu mehreren Übergriffen auf LGBTIQ-Menschen gekommen. Die Organisation kämpft um ihr Überleben und ruft zur Teilnahme an einer Petition auf. Die Unterschriften sollen bei der Direktion für Nichtregierungsorganisationen eingereicht werden.

„Für soziale Gerechtigkeit kämpfen“

Das Motto von Rasan lautet „Für soziale Gerechtigkeit kämpfen“. Die NGO wurde 2004 ursprünglich als feministische Frauenorganisation gegründet, erweiterte im Jahr 2012 jedoch ihr Aktionsfeld unter anderem auf den Kampf für Gendergerechtigkeit. Damit ist Rasan die erste Organisation im gesamten Irak, die sich für gleiche Rechte für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Queere und gegen die Diskriminierung und Benachteiligung von LGBTIQ-Menschen einsetzt. Der Verein fordert, dass Gewalt gegen Frauen und die Pathologisierung und Diskriminierung von LGBTIQ geächtet werden muss.

„Liebe ist Liebe“ - Wandbild von Rasan in Silêmanî

Weder in dem seit 2003 gültigen irakischen Strafgesetzbuch noch in den Gesetzen Südkurdistans stellen bei gegenseitigem Einvernehmen durchgeführte sexuelle Handlungen erwachsener Personen einen Straftatbestand dar. Die vage formulierten Vorschriften lassen Staatsanwaltschaft, Polizei- und Sicherheitskräften jedoch Raum für diskriminierende Strafverfolgungsmaßnahmen, die regelmäßig zu einer Verurteilung von Homosexuellen führen. In den meisten Regionen des Landes wird Homosexualität auch innerhalb der Gesellschaft weitgehend tabuisiert und von großen Teilen der Bevölkerung als unvereinbar mit Religion und Kultur betrachtet. LGBTIQ leben ihre Sexualität meist gar nicht oder nur heimlich aus und sehen sich sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt. Das Risiko von sozialer Ächtung bis hin zu Verfolgung, Folter und Mord ist ausgesprochen hoch.

Andere Organisationen werden entmutigt

Gerade deshalb ist es wichtig für Rasan, weiter zu existieren. Aber auch mit Blick auf die drohende Entmutigung anderer Gruppen, die sich im Verborgenen für die Rechte der LGBTIQ-Gemeinschaft einsetzen, würde eine Vereinsschließung gravierende Folgen für die Community in Südkurdistan und dem Irak haben. „Lassen wir deshalb nicht zu, dass sie die Stimmen der am meisten marginalisierten Gruppe der kurdischen Gesellschaft noch weiter herabsetzen. Wenn wir ihnen zeigen, dass wir nicht schweigen werden und darauf bestehen, dass die Organisation ihre Arbeit fortsetzen darf, zeigen wir anderen, die sich für diese Sache einsetzen, dass sie Unterstützer haben und ermutigen sie, ihre Arbeit fortzusetzen.” Die Petition kann unter nachfolgendem Link unterzeichnet werden.