Polizeiterror in Nordkurdistan ist alltäglich. In Gever (tr. Yüksekova) in der Provinz Colemêrg (tr. Hakkari) ereignete ein neues Beispiel des Vorgehens des türkischen Staates gegen die Bevölkerung. Am späten Dienstagabend stürmte die türkische Polizei die Wohnung der Familie Kurt. Die Polizisten schlugen die Tür ein und schlugen auf Anwesenden, als diese nach einem Durchsuchungsbeschluss fragten. Während der Razzia schossen die Polizisten um sich. Manche der Kugeln stecken immer noch in den Wänden der Wohnung. Idris Kurt und Sıtar Kurt wurden bei der Razzia festgenommen und nach einer Vernehmung wieder entlassen. Gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya erklärten Familienmitglieder, die Polizei habe nach dem Überfall versucht, ihre Spuren zu beseitigen, Blutlachen zu entfernen und Patronenhülsen einzusammeln.
Polizei hält Zeugen Pistole an den Kopf und droht: „Wir werden dich töten“
Idris Kurt erzählte, dass er, als er nach der Arbeit beim Abendessen zu Hause saß, hörte, wie die Polizei die Wohnung seines Bruders im Erdgeschoss stürmte. Er sei ins Treppenhaus gegangen und habe die Polizei gefragt habe, ob sie einen Durchsuchungsbeschluss hätte. Was Kurt dann berichtet, macht das Ausmaß des Übergriffs deutlich: „Ich wurde von maskierten Personen zwei Stockwerke hinuntergezerrt. Ich wurde brutal geschlagen und misshandelt. Sie hielten mir eine Pistole an den Kopf und legten mir Handschellen auf dem Rücken an. Die Polizeibeamten bedrohten mich ständig mit den Worten ‚Wir werden dich töten‘.“
„Sie wollten uns alle töten“
Idris Kurt berichtete, dass Anwält:innen der Anwaltskammer Colemêrg und Nachbar:innen herbeigeeilt seien. Die Polizisten hätten viele Male geschossen: „Ich bin mir sicher, dass sie uns erschossen hätten, wenn niemand dazu gekommen wäre. Durch die Schläge wurde ich ohnmächtig. Ich weiß nicht mehr genau, was passiert ist. Sie haben mir mehrmals gegen den Kopf getreten und mich mit Gewehrkolben geschlagen. Wenn sie an die Tür geklopft hätten, hätten wir sofort aufgemacht. Sie haben geschossen, um uns zu töten. Sie wollten uns alle töten."
Schläge mit Gewehrkolben in den Bauch
Sıtar Kurt wurde geschlagen und festgenommen. Er berichtete: „Ich wurde die ganze Zeit auf dem Weg bis nach draußen geschlagen. Die Polizisten unten haben immer wieder gesagt: ‚Wer meinst du, wer du bist, dass du nach einem Durchsuchungsbeschluss fragst. Ich bin Teil einer Spezialeinheit. Was wagt ihr, uns zu widersprechen?' Sie schlugen mir wiederholt mit dem Gewehrkolben in den Bauch und zwangen mich, mich auf den Rücken zu legen. Dann stiegen sie auf mich drauf. Wir wurden gefoltert. Als die Anwälte kamen, wurden sie auch angegriffen. Es war gut, dass die Anwälte und die Nachbarn kamen. Sonst hätten sie uns alle umgebracht.“
„Wir sind Staatsanwaltschaft und Polizei, wir können tun, was wir wollen“
Sıtar Kurt beschrieb die Folterungen weiter: „Mein Hals tut immer noch weh: Während einer von ihnen mit seinem Fuß auf meinen Kopf drückte, traten zwei Leute auf meinen Bauch. Unsere ganze Familie, sogar die Kinder und die Alten wurden auf die gleiche Weise misshandelt. Es gab keinen Durchsuchungsbeschluss, und es war nicht einmal klar, warum sie gekommen waren. Die Schussrichtung der Kugeln war immer seitlich, und das zeigt, dass es sich um gezielte Schüsse handelt. Die Polizisten sagten immer wieder: ‚Wer seid ihr, dass ihr euch uns widersetzt? Wir sind eine Spezialeinheit. Wir werden euch töten. Wir sind der Staatsanwalt und die Polizei. Wir können tun, was wir wollen.‘“
Schockgranate in Kinderzimmer geworfen
Canan Kurt beschrieb, was während der Hausdurchsuchung geschah, und gab an, dass die Durchsuchung am Dienstag gegen 20 Uhr begann. Als sie die Tür öffnen wollte, habe die Polizei die Tür eingeschlagen und sei in die Wohnung eingedrungen. Sie sei dann mit Gewehrkolben geschlagen und in ein Zimmer gezerrt worden. Kurt sagte: „Ich wurde geschlagen und ins Haus gezerrt. Meine Kinder, die gegen das Vorgehen der Polizei protestierten, wurden ebenfalls geschlagen. Drei Polizisten traten auf jedes meiner Kinder ein und erlaubten ihnen nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. In ein Zimmer, in dem sich ein fünfjähriges Mädchen befand, wurde eine Schockgranate geworfen. Sie schossen wahllos um sich und schrien herum.“
„Mein Neffe wurde fast totgeprügelt“
Die Polizei sei gekommen, um sie zu töten, sagte Canan Kurt und fügte hinzu: „Mein 50-jähriger Verwandter Idris Kurt wurde bewusstlos, nachdem er von der Spezialeinheit der Polizei geschlagen wurde. Meine 80-jährige Schwiegermutter brach zusammen und wurde ebenfalls ohnmächtig. Wir haben ihnen gesagt, dass meine Schwiegermutter herzkrank ist, aber sie haben uns nicht zugehört. Sie schlugen auf jeden ein, der sich ihnen in den Weg stellte. Nachdem die Spezialeinheiten das Haus verlassen hatten, riefen wir einen Krankenwagen und brachten meine Schwiegermutter ins Krankenhaus. Mein Neffe Sıtar wurde fast totgeprügelt. Sie haben wahllos um sich geschossen, um uns alle zu töten.“
„Sie haben mir eine Pistole an die Brust gehalten“
Die Ehefrau von Idris Kurt, Sabiha Kurt, wurde ebenfalls bei der Razzia misshandelt. Sie berichtete über die Ereignisse: „Nachdem sie mehrfach um sich geschossen hatten, setzte mir eines der Mitglieder der Spezialeinheit seine Pistole auf die Brust. Nach der Folter, der Misshandlung und den Schlägen kam Polizei in Zivilkleidung herein, als ob nichts geschehen wäre. Die Polizeibeamten, die hereinkamen, sagten nicht einmal etwas über die Razzia.“
Sabiha Kurt sagte, dass die Polizisten sie aufs übelste beschimpften und beleidigten: „Das ist einfach grausam. Gott darf das nicht hinnehmen. Ich bin gerade operiert worden, und sie haben nicht aufgehört, obwohl sie gesehen haben, in welchem Zustand ich bin. Ich hatte solche Angst, dass mein Herz aufhören würde zu schlagen.“