Die staatliche Repressionsmaschine in Nordkurdistan läuft wie gehabt auf Hochtouren, Sand im Getriebe ist weiter nicht in Sicht. In den Provinzen Şirnex (tr. Şırnak) und Bedlîs (Bitlis) wurden bereits am Dienstag mindestens zwanzig Menschen festgenommen, unter ihnen befinden sich auch fünf Minderjährige. Eine Begründung für die Festnahmen war zunächst nicht bekannt.
In Bedlîs wurden die mit Razzien verbundenen Festnahmen von der Gendarmerie durchgeführt. Nach bisherigem Stand befinden sich dort acht Personen aus den Landkreisen Tetwan (Tatvan), Norşin (Güroymak) und Xîzan (Hizan) seit Dienstagfrüh beim Provinzkommando der Militärpolizei in Gewahrsam. Grundlage seien Ermittlungen, die mit einer Geheimhaltungsverfügung belegt sind. In der Regel unterliegen Akten in Verfahren mit angeblichem Terrorismusbezug einer Geheimhaltungsklausel und sind somit auch für Anwält:innen nicht zugänglich.
In Şirnex stürmten polizeiliche Sondereinheiten mehrere Wohnungen in der Kreisstadt Cizîr (Cizre) und nahmen zwölf Personen fest. Im Viertel Sûr wurde eine achtköpfige Familie abgeführt, fünf der sechs Kinder des betroffenen Elternpaares sind minderjährig. Laut dem Journalisten Cihan Ölmez stehen die Festnahmen im Zusammenhang mit der Tötung eines ranghohen Mitglieds der paramilitärischen Sicherheitswachen (ehemals „Dorfschützer“).
Der Mann, dessen Name Mustafa Erdem lautet, soll Medienberichten zufolge am vergangenen Sonntag schwerverletzt in seinem brennenden Auto in Sûr aufgefunden worden sein. Laut türkischen Behörden erlitt er einen Kopfschuss und starb in der Notaufnahme. Die Polizei wertet den Vorfall als „Terroranschlag”. Der oder die Täter sollen auch das Fahrzeug des Paramilitärs angezündet haben. Die Festnahmeoperation in Cizîr wird als politischer Racheakt an der Bevölkerung von Cizîr gewertet.