Nach Wahlsieg der DEM: Curnê Reş erlebt kommunale Erneuerung

Nach Jahrzehnten unter Verwaltung systemnaher Parteien hat Curnê Reş mit der DEM erstmals eine kommunale Wende erlebt. In nur einem Jahr setzte die neue Verwaltung zahlreiche Projekte um – trotz finanzieller Altlasten und politischer Hürden.

30 Millionen TL Schulden abgebaut

Der kurdische Landkreis Curnê Reş (tr. Hilvan) im Norden der Provinz Riha (Urfa) ist seit den Kommunalwahlen im März 2024 unter neuer Führung: Die Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) übernahm nach jahrzehntelanger Vorherrschaft regierungsnaher Parteien die Stadtverwaltung. Trotz Anfechtung der Wahlergebnisse und der Wiederholung der Wahl am 2. Juni, konnte die DEM-Partei erneut mit ihren Ko-Kandidat:innen Serhan Paydaş und Garip Yeşil einen klaren Sieg verbuchen.

Neuanfang nach Jahrzehnten der Vernachlässigung

„Die Menschen hatten 45 Jahre lang keine Teilhabe an ihrer eigenen Kommune“, erklärte Ko-Bürgermeister Serhan Paydaş. „Nach dem Wahlsieg haben wir ein regelrechtes Trümmerfeld übernommen – 47 Millionen TL Schulden, keine transparente Verwaltung und keine öffentliche Beteiligung.“ Innerhalb eines Jahres habe man es geschafft, die Schulden auf 17 Millionen TL zu senken und gleichzeitig zahlreiche Projekte umzusetzen.

Ko-Bürgermeister Serhan Paydaş

Soziale Projekte und bürgernahe Verwaltung

Zu den umgesetzten Maßnahmen zählen unter anderem eine kostenlose Suppenküche mit täglichen Mahlzeiten für bis zu 700 Menschen, ein Lernzentrum für Schüler:innen, ein Frauenberatungszentrum sowie die Einführung kostenfreier WLAN-Zonen im Stadtzentrum. Künftig soll dieses Angebot auf zwölf städtische Parks ausgeweitet werden.

Auch die Verwaltung selbst wurde geöffnet: Die bisherige Praxis, Anliegen im Rathaus nur über Terminvereinbarung zu ermöglichen, wurde abgeschafft. „Unsere Türen stehen allen offen. Die Menschen kommen ohne Voranmeldung – und sie tun das, weil sie sich die Kommune nun wieder zu eigen machen“, so Paydaş.

Eröffnung des Solidaritätszentrums für Frauen im April in Curnê Reş

Transparenz und Infrastrukturmaßnahmen

Die DEM-Verwaltung führte erstmals ein offizielles Kassensystem für kommunale Zahlungen ein – zuvor wurden Gebühren bar und inoffiziell entgegengenommen. Parallel dazu wurden rund 70.000 Quadratmeter neue Pflastersteine in verschiedenen Ortsteilen verlegt, darunter auch im lange vernachlässigten Viertel Xûwşxûşk (Yeni Doğan), das zuvor wegen seiner politischen Ausrichtung von Infrastrukturmaßnahmen ausgeschlossen worden war. „In dieser Region war es üblich, ganze Dörfer zu bestrafen, weil sie politisch anders denken als die Systemparteien“, sagte Paydaş. „Damit brechen wir nun.“

Ziele bis 2026: Busbahnhof, Produktionsstätten und weitere Ausbauprojekte

Curnê Reş mit seinen rund 47.000 Einwohner:innen verfügt bislang über keinen eigenen Busbahnhof – ein Zustand, den die neue Verwaltung bis 2026 ändern will. Weitere Pläne beinhalten den Aufbau eigener Steinbrüche, Pflastersteinfabriken und eine deutliche Ausweitung der kommunalen Versorgungsstrukturen.

Infrastrukturarbeiten in Curnê Reş

„Wir sind nicht neu hier, wir sind zurückgekehrt“, betonte Paydaş. „Unser Ziel ist es, bis zum Ende der Amtszeit sämtliche bestehenden Probleme zu lösen – gemeinsam mit der Bevölkerung.“ Mit einem klaren Fokus auf soziale Teilhabe, Transparenz und Basisdemokratie wolle die DEM-geführte Stadtverwaltung in Curnê Reş ein neues Modell kommunaler Selbstverwaltung etablieren – in einer Region, die lange vom politischen Ausschluss geprägt war.