Nach Drohnenangriff: Wütende Proteste in Mexmûr

Nach dem jüngsten Drohnenangriff der türkischen Armee in Mexmûr mit einem Toten kommt es in dem Geflüchtetenlager zu wütenden Protesten.

Nach dem tödlichen Drohnenangriff der türkischen Armee auf Camp Mexmûr entlädt sich die Wut der Bewohnerinnen und Bewohner auf der Straße. Seit Stunden finden Proteste in dem kurdischen Geflüchtetenlager bei Hewlêr (Erbil) statt. Gefordert wird eine eindeutige Positionierung gegen die tödliche Gewalt der Türkei durch die Vereinten Nationen (UN), unter deren Schutz Mexmûr offiziell steht.

Bei dem Drohnenangriff auf ein Wohnhaus ist am Montag der Zivilist Evizet Abdullah Abid schwer verletzt worden. Noch auf dem Weg in ein Krankenhaus verstarb der sechsfache Familienvater. Die Bevölkerung des Lagers versammelte sich nach der Nachricht vor dem Sitz des Volksrates und zog in einer Demonstration bis zum Haus von Abid. Immer wieder fiel dabei die Parole „Mörder Erdogan“.

Die türkische Staatsführung droht seit Jahren, Camp Mexmûr zu „säubern“, und lässt das Lager immer wieder aus der Luft bombardieren. Ankara begründet diese Angriffe damit, dass es sich um eine „Brutstätte“ von Qendîl handele. In der Bergregion vermutet die Türkei die Leitung der PKK. Seit Jahresbeginn wurde Mexmûr mehrmals zum Ziel von türkischen Drohnenangriffen. Im Juli wurde durch solch eine Attacke ein Wohnhaus zerstört, im Mai starb ein Zivilist bei einem Luftschlag gegen sein Auto. Im Februar kamen zwei Mitglieder der Selbstverteidigungskräfte bei einem türkischen Drohnenangriff ums Leben. Dutzende Zivilist:innen waren verletzt worden.


Drohnenterror gegen Flüchtlingsgemeinschaft

„Mittels Drohnenterror zielt der türkische Staat auf eine Entvölkerung von Mexmûr und damit die Vertreibung von tausenden Menschen ab“, sagte Yusuf Kara, der Ko-Vorsitzender des Demokratischen Volksrates des selbstverwalteten Flüchtlingslagers ist. Er verurteilte den Angriff und die „Ignoranz der UN und der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft“ gegenüber der Gewalt der Türkei. Es seien „brutale Verbrechen“, die von einem NATO-Staat gegen eine Flüchtlingsgemeinschaft verübt würden. „Als Bevölkerung von Mexmûr sind wir entschlossen, unseren Widerstand für ein Leben in Würde und Freiheit fortzusetzen. Wir lassen uns nicht brechen und rufen die gesamte kurdische Gesellschaft auf, unseren legitimen Kampf zu unterstützen“, sagte Kara.

Mexmûr im Visier des türkischen Staates

Das Camp Mexmûr liegt etwa 60 Kilometer südwestlich von Hewlêr, der Hauptstadt der Kurdistan-Region Irak. In dem Lager leben mehr als 12.000 Menschen. Die meisten von ihnen waren in den 1990er Jahren aufgrund der Repression des türkischen Staates und der Politik der verbrannten Erde gezwungen, ihre Dörfer in der Botan-Region in Nordkurdistan zu verlassen. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben sie 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit. Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz des UNHCR, praktisch sind die Vereinten Nationen allerdings nur noch nominell präsent. Die Organisation verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück.