Mutter von Anschlagsopfer zu hoher Haftstrafe verurteilt

Aufgrund einer Trauerrede ist die Mutter eines der Opfer des IS-Anschlags von Pirsûs (Suruç), bei dem vor vier Jahren 33 hauptsächlich junge Menschen ums Leben gekommen sind, wegen „Terrorpropaganda” zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Als Anfang 2015 die nordsyrische Kantonshauptstadt Kobanê vom sogenannten „Islamischen Staat” (IS) befreit wurde, rief die Föderation der sozialistischen Jugendverbände der Türkei (SGDF) für den 19. bis 24. Juli zu einer Kampagne für den Wiederaufbau der durch die IS-Terroristen zerstörten Stadt auf. Aus vielen Regionen der Türkei und Nordkurdistans kamen daraufhin am 20. Juli etwa 300 Jugendliche in der Kreisstadt Pirsûs (Suruç, Provinz Riha/Urfa) im Kulturzentrum Amara zusammen, um anschließend gemeinsam nach Kobanê einzureisen. Bereits auf dem Weg nach Riha hatte es immer wieder Provokationen mit Festnahmen durch Polizeikräfte gegeben.

Um die Mittagszeit verursachte ein Selbstmordattentäter des IS schließlich in direkter Umgebung der SGDF-Versammlung eine Explosion, bei der 33 hauptsächlich junge Menschen ihr Leben verloren und mindestens 76 weitere Menschen teils schwer verletzt wurden.

Seit dem Anschlag beharren die Hinterbliebenen der Opfer auf Gerechtigkeit. Dabei sind sie kontinuierlicher Repression ausgesetzt. Jährliche Gedenkveranstaltungen werden von Polizeigewalt überschattet, Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Wasserwerfern, Plastikpatronen und Gasgranaten angegriffen. Dutzende Menschen, die das Attentat verletzt überlebten, ihre Angehörigen sowie ihre eingeschalteten Anwältinnen und Anwälte sind in den letzten Jahren angeklagt und verhaftet worden. Auch wurden die Gräber einzelner Anschlagsopfer zerstört.

In der Provinz Mûş ging am Montag der Prozess gegen Besra Erol, Mutter des Aktivisten Evrim Deniz Erol, zu Ende. Ihr Sohn ist eines der Opfer des verheerenden Anschlags von Pirsûs. Die heute 62-jährige Erol war aufgrund ihrer Trauerrede auf der Beerdigung ihres Sohnes wegen des Vorwurfs der „Terrorpropaganda” angeklagt worden. In besagter Rede hatte sie auf die Unterstützung der Erdoğan-Regierung an den IS und die Friedensforderungen des kurdischen Volkes hingewiesen. Dafür wurde sie nun zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Besra Erol ist bereits im Anschluss an den Prozess an ein Gefängnis überstellt worden. Sie befindet sich im Typ-E-Gefängnis von Mûş.