Juristische Schikanierung
Dass politisch aktive Kurdinnen und Kurden von türkischen Polizei- und Justizbehörden in willkürlicher Weise schikaniert werden, zeigt ein neues Beispiel aus Şirnex (tr. Şırnak). Knapp vierzig Personen müssen sich fortan regelmäßig auf einem Revier melden und dürfen das Land nicht verlassen. Die Begründung: Verdacht auf „Propaganda für eine Terrororganisation“, der sich durch einen „anonymen Hinweis“ an die Polizei erkläre.
Gegen insgesamt 39 Personen verhängte ein Strafgericht in Şirnex juristische Meldeauflagen. Die Betroffenen waren am letzten Donnerstag bei Razzien in nahezu allen Landkreisen der kurdischen Provinz, darunter in Cizîr (Cizre), Hezex (Idil) und Silopiya (Silopi) festgenommen worden, gegen eine Person wurde Untersuchungshaft verhängt. Zunächst war man noch von 25 Festnahmen ausgegangen.
Grundlage der als „Präventivmaßnahme“ bezeichneten Meldeauflage ist das 2013 in Kraft getretene Gesetz zur „Freilassung unter Kontrolle“. Der Mechanismus gilt als Alternative zur Haft und wird von der Justiz exzessiv ausgeschöpft, um unliebsame Personen unter Kontrolle zu halten. Besonders häufig betroffen sind Menschen aus der kurdisch-demokratischen Opposition, Zivilgesellschaft und unabhängigen Presse. In Kurdistan hat fast jede Familie ein mit Meldeauflagen belegtes Mitglied. Nicht selten dauert es Jahre, bis die Maßnahmen wieder aufgehoben werden.