Kurdischlehrer in Sine verhaftet

Der Kurdischlehrer und Aktivist Keyûmerz Latifi ist in Sine vom iranischen Regime verhaftet worden. Das kurdische PEN-Zentrum zeigt sich besorgt und fordert seine umgehende Freilassung.

Im Iran herrscht ein islamistisches Regime, das den einheimischen Kurdinnen und Kurden nur wenig Spielraum zur Entfaltung eigener Möglichkeiten wie der Ausübung der kurdischen Sprache und gewisse kulturelle Aktivitäten einräumt. In der Stadt Sine (Sanandaj), in der eine Reihe wichtiger kurdischer Kulturvereinigungen beheimatet sind, hat es die kurdische Gemeinschaft besonders schwer. Vor allem Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für die Pflege der kurdischen Sprache, Kultur und Traditionen widmen, sind immer wieder mit Repression konfrontiert. Nicht selten landen sie im Gefängnis, da dem Regime völlig der Respekt und das Verständnis für kurdische Kultur fehlen.

Jüngstes Opfer dieser antikurdischen Repression: Keyûmerz Latifi (auch Kiyoumars Latifi). Der 41 Jahre alte Aktivist und Lehrer für kurdische Sprache wurde am Dienstag in Sine verhaftet. Zuvor saß er zwei Wochen lang in einem Internierungslager des iranischen Geheimdienstministerium in Gewahrsam, berichteten unter anderem die Menschenrechtsorganisation Hengaw und die in Rojhilat ansässige Nachrichtenagentur Kurdpa. Es wird befürchtet, dass Latifi vom Geheimdienst gefoltert wurde, da tagelang keine Angaben zu den Festnahmegründen gemacht wurden. Wie Kurdpa erfahren konnte, werde ihm jedoch die „Kollaboration mit einer kurdischen Oppositionspartei“ vorgeworfen.

Inzwischen hat sich auch das kurdische PEN-Zentrum eingeschaltet. Die Schriftstellervereinigung zeigt sich äußerst besorgt um das Schicksal von Keyûmerz Latifi, aber auch angesichts des Umgangs des iranischen Geheimdienstes mit den Familienangehörigen des Lehrers. Eine Schwester, die sich am 20. Februar über die Festnahmegründe Latifis erkundigen wollte, soll von Beamten des Geheimdienstministeriums mehrere Stunden lang verhört, bedroht und geschlagen worden sein. Laut Hengaw sei der Frau sogar eine Vergewaltigung angedroht worden. Das kurdische PEN-Zentrum ist alarmiert und fordert die Behörden des iranischen Staates eindringlich auf, Keyûmerz Latifi umgehend freizulassen.

Keyûmerz Latifi © Farid Latifi

Keyûmerz Latifi unterrichtet seit über zwölf Jahren Kurdisch in Sine, unter anderem in der zivilgesellschaftlichen Einrichtung „Mewlewiya Kurd“, und ist Mitglied des Literaturclubs Rumi. 2019 saß Latifi drei Monate ohne richterlichen Beschluss in Untersuchungshaft, weil ihm die Zusammenarbeit mit einer kurdischen Oppositionspartei vorgeworfen wurde.

Der Fall Zara Mohammadi

Seit Januar sitzt mit Zara Mohammadi eine weitere Bildungskraft für Kurdisch aus Sine in iranischer Haft. Zuvor hatte der oberste Gerichtshof im Iran einen von der Verteidigung der 29-Jährigen eingereichten Antrag auf Revision unbegründet abgelehnt. Mohammadi ist Mitbegründerin und Leiterin der Kulturvereinigung Nûjîn, die in Sine und Umgebung zivilgesellschaftliche und bildungspolitische Initiativen fördert. Im Mai 2019 wurde sie von der iranischen Revolutionsgarde verhaftet und in ein vom Geheimdienst betriebenes Gefängnis überstellt. Zuvor unterrichtete sie Kinder in Dörfern bei Sine in kurdischer Sprache.

Im Juli 2020 verurteilte ein iranisches Revolutionsgericht Zara Mohammadi zu zehn Jahren Haft wegen „Bildung einer Gruppe gegen die nationale Sicherheit“. In der Berufungsinstanz im Februar vergangenen Jahres wurde die ursprüngliche Strafe auf fünf Jahre reduziert, Mohammadi konnte in der Folge gegen die Hinterlegung einer Kaution auf freien Fuß gesetzt werden. Doch trotz einer detaillierten Begründung für eine Revision lehnten die Richter des Obersten Gerichts den Antrag auf Überprüfung des Urteils ab.

Auch zahlreiche Appelle für die Aufhebung der Strafe gegen Mohammadi, darunter eine Initiative von mehr als neunzig Intellektuellen aus verschiedenen Ländern, zu deren Unterzeichnenden unter anderem der US-amerikanische Linguist Noam Chomsky, der kurdische Sozialtheoretiker Abbas Vali und der türkische Soziologe Ismail Beşikçi gehören und die außerdem ein Ende der Kriminalisierung der kurdischen und aller anderen nicht-persischen Sprachen fordert, wurden vom iranischen Regime und seiner Justiz ebenso ignoriert wie Aufrufe von Amnesty International und den Vereinten Nationen.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version war das Datum der ersten Verhaftung von Keyûmerz Latifi mit 2008 angegeben worden. Wir haben den Fehler korrigiert.