Kugel aus Besatzungszone trifft in Riha neunjähriges Kind

Eine offenbar aus der türkischen Besatzungszone Serêkaniyê in Nordsyrien abgefeuerte Kugel hat im gegenüberliegenden Riha einen Neunjährigen getroffen und schwer verletzt. Das Kind schwebt in Lebensgefahr.

In der Grenzstadt Serê Kaniyê (tr. Ceylanpınar) ist ein Neunjähriger von einer Kugel lebensgefährlich verletzt worden. Nach ersten Berichten soll das Projektil aus der türkischen Besatzungszone im direkt gegenüber liegenden Nordsyrien abgefeuert worden sein. Der Junge schwebt in Lebensgefahr.

Der Vorfall ereignete sich am Samstagnachmittag im nur wenige hundert Meter von der türkisch-syrischen Grenze entfernten Viertel Mevlana. Dort habe der Viertklässler, der mit seiner Familie im Ortsteil Barış lebt, seinen Großvater besucht. Plötzlich sei er blutüberströmt zusammengebrochen und umgehend in das staatliche Krankenhaus von Ceylanpınar gebracht worden. Die Bildgebung mittels Kernspintomografie ergab, dass eine Kugel in seinem Schädel steckt.

Nach ersten Untersuchungen wurde das Kind in eine private Klinik in der Provinzhauptstadt Riha (Urfa) verlegt. Es befindet sich in Lebensgefahr. Es wird davon ausgegangen, dass er von einer sogenannten müden Kugel getroffen wurde.

Serêkaniyê seit 2019 besetzt

Die kurdischgeprägte Stadt Serêkaniyê (ar. Ras al-Ain) in Nordsyrien ist seit Oktober 2019 von der Türkei und dem von der Regierung in Ankara gegründeten Proxy-Invasionskorps SNA („Syrische Nationalarmee”), der aus dschihadistischen Milizen besteht, besetzt. Bis zur Invasion wurde die Region nach dem Kantonsprinzip von Rojava selbstverwaltet. Zudem galt Serêkaniyê als Zufluchtsort für zahlreiche Binnenvertriebene aus anderen Teilen Syriens. Heute ist der Ort sicherer Hafen für Islamisten im Sold des türkischen Staates, die sich schwerwiegender Kriegsverbrechen schuldig machen.

Zweigeteilte Stadt

Das heutige Serêkaniyê ist – im geografischen Kontext – allerdings nur ein Teil der alten Stadt. Während des Ersten Weltkrieges war die Gegend als „Rasüleyn” der Standort eines osmanischen Konzentrationslagers für den Völkermord an den Armenier:innen. Nach dem Krieg wurde Serêkaniyê geteilt. Der südliche Stadtteil wurde Teil des Völkerbundmandats für Syrien und Libanon und damit Ras al-Ain, während der nördliche Teil zum heutigen Ceylanpınar wurde.