Der Krieg um die Medya-Verteidigungsgebiete tobt mit hoher Intensität. Die türkische Armee bombardiert die Gebiete großflächig und setzt weiter chemische Waffen ein. Die Guerilla hat am Boden die Oberhand und führt täglich großangelegte Aktionen gegen die türkischen Invasionstruppen in Zap, Metîna und Avaşîn durch. Alan Malazgirt beschreibt die Kriegsentwicklungen im ANF-Gespräch.
„Wir hatten uns vorbereitet“
Malazgirt erklärt, die Guerilla habe die Angriffe in diesem Jahr bereits erwartet und sich entsprechend vorbereitet. Der Widerstand im vergangenen Jahr sei eine wichtige Erfahrung gewesen, aufgrund derer die Guerilla ihre Angriffstaktik angepasst habe. Er führt aus: „Darüber hinaus haben wir Maßnahmen entwickelt, die auf den Ergebnissen des Vorjahres basieren. Also waren wir vorbereitet und warteten auf einen solchen Angriff. Der Feind hat im Krieg im letzten Jahr keine großen Ergebnisse erzielen können. Natürlich unterscheiden sich die feindlichen Angriffe in diesem Jahr von denen des letzten Jahres. Bevor der Feind mit der Operation begann, bombardierte er das Gebiet massiv. Er wollte uns einen Schlag versetzen. Er wollte sein Ziel mit Luftangriffen aufweichen oder bereits so weit möglich vernichten. Das haben wir erwartet. Die Luftangriffe waren allesamt vergeblich.
Die Angriffe sind nicht mit denen vor fünf oder sechs Jahren zu vergleichen. Der Feind wollte an der Nordfront von Werxelê bis zum Çiyayê Reş 30 bis 36 Kilometer vorrücken. Von Süden sollten 20 bis 25 Kilometer eingenommen werden. Es sollten Truppen an strategischen Punkten in diesen Regionen abgesetzt werden. Diese sollten sich dort festsetzen. Das war das Hauptziel des Feindes. Der Feind griff ein sehr großes Gebiet an. Mithilfe von Bombern und fortschrittlicher Technik wurde versucht, psychischen Druck aufzubauen und so die Ziele zu neutralisieren. Wir hatten das alles bereits in unsere Planung einbezogen. Der Feind wollte nach intensivem Beschuss Truppen in der Region landen. Aber in den ersten Tagen war dies für die türkische Armee nicht möglich. Unsere Kräfte erwiderten von allen Gipfeln aus den Angriff, sodass der Feind nicht so einfach Truppen landen konnte.
„Die Angriffe begannen aus Richtung Südkurdistan“
An einigen Orten konnten schließlich Truppen abgesetzt werden. Ein paar Mal wurden am Kuro Jahro, Karker und in Werxelê Soldaten abgesetzt. Aber die Orte waren weit von unseren anderen Gebieten entfernt. Die Region ist sehr weitläufig. An strategischen Stellungen konnte der Feind keine Truppen landen. Diese Strategie war also gescheitert. Viele Helikopter wurden dabei beschossen, manche mögen abgeschossen worden sein. Aufgrund der Kriegssituation konnten wir das nicht immer aufklären. Im Ertûş-Gebiet hatten die Freund:innen bereits einen Hubschrauber abgeschossen. Der Feind versuchte etwa eine Woche lang vergeblich, die strategischen Punkte einzunehmen. Dann änderte er seine Taktik. Das hatten wir natürlich vorausgesehen. Diesmal begann der Feind aus Richtung Südkurdistan [am Boden] anzugreifen. Weil der Feind keine Möglichkeit hatte, die Region aus der Luft zu erobern, versuchte er vom Boden aus einzumarschieren. Auf diese Weise sollten die Truppen tief in die Region entsandt werden, dort Stellungen aufbauen und die Kontrolle über diese Gebiete gewinnen. In vielen Gebieten kam es zu Gefechten zwischen der Armee und unseren Kräften. Diese Auseinandersetzungen dauern weiter an. Mit der Unterstützung von Artillerie, Kampfflugzeugen und Aufklärern konnte sich der Feind an einigen Stellen am Boden den Freund:innen nähern. Aber als er am Boden vorrückte, wurde er von der Guerilla beschossen, mit Handgranaten beworfen und von Scharfschütz:innen getroffen. Die Freund:innen gingen immer wieder sogar in die Offensive. An manchen Stellen gehen die Kämpfe immer noch weiter. Der Feind erklärt, er habe von zwei Seiten angegriffen [von Norden und Süden], und sieht dies als Vorteil für sich. Aber natürlich hat das auch Nachteile. Diese seine Nachtteile boten uns wichtige Vorteile.
„Wir sind eine Guerillabewegung“
Wir sind keine gewöhnliche Kraft, wir sind eine Guerillabewegung. Abgesehen von unseren Freund:innen, die in den Kriegstunneln kämpfen, haben wir Einheiten, die mobil auf dem Schlachtfeld unterwegs sind. Die türkische Armee wurde ins Gelände gelockt und wird jetzt von diesen Einheiten angegriffen. Gleichzeitig schützen diese Einheiten unsere Kriegstunnel. Der Feind hat seine Truppen auf breitem Gebiet aufgestellt. Das bedeutete für unsere mobilen Einheiten eine Vervielfachung der Ziele, was für uns ebenfalls ein Vorteil war. Der Feind sagt, er habe die erste Phase der Operation abgeschlossen, aber das stimmt nicht. In dem Kampfabschnitt, den der Feind zur Phase II deklariert hat, gibt es für uns ebenfalls große Vorteile. Wir werden diese Vorteile in Zukunft noch besser nutzen. Unsere mobilen Einheiten werden sowohl vom Süden aus als auch vom Norden aus noch aktiver werden. Auf diese Weise werden wir dem Feind noch größere Verluste zufügen. Dieser Krieg dauert seit etwa 50 Tagen an. Die Verluste entsprechen nicht den Behauptungen des Feindes. Der Krieg findet vollständig unter unserer Kontrolle statt und unser System wird umgesetzt. Wir unternehmen größere Anstrengungen, um die Kontrolle nicht zu verlieren und den Feind überall besiegen zu können. Niemand sollte die Propaganda des Feindes glauben. Seine Behauptungen, er habe große Gebietsgewinne gemacht, treffen nicht zu. Das ist in den Tagesbilanzen der HPG klar zu sehen. Der Feind möchte alles in seinem Interesse darstellen. Aber die Wirklichkeit ist offensichtlich. Die große Mobilisierung des Feindes führte nur dazu, mehr Ziele für unsere Kräfte zu schaffen und uns weitere Möglichkeiten zu geben, ihn zu besiegen. Wir werden diese Möglichkeiten noch besser nutzen. Entsprechend der Entwicklung des Krieges und dem Vorgehen des Feindes werden auch wir aktiver werden. So wird der Krieg heute geführt.
„Der Feind hat seine Stellungen verlassen“
Das Wichtigste für uns in diesem Prozess ist, die Ziele des Feindes ins Gegenteil zu verkehren und ihn bedauern zu lassen, jemals die Medya-Verteidigungsgebiete angegriffen zu haben. Diese Situation hat eine große Chance für uns geschaffen, um unsere Ziele zu erreichen. Wir haben das Potential, jetzt den Feind in den Kriegsgebieten zu brechen und die Initiative des Kriegs zu übernehmen. Das können wir mit großer Sicherheit sagen.
Der Feind setzt große Sprengladungen und Giftgas ein, um schnell Ergebnisse zu erzielen. Ihm fehlt es noch immer an Entschlossenheit, seine Stellungen zu verteidigen. Wo unsere Genoss:innen Aktionen durchgeführt haben, hat sich der Feind zurückgezogen. Daher will der Feind Ergebnisse erzielen, indem er den Widerstand mit Technologie, Sprengungen und chemischen Waffen zu brechen versucht. Aber das ist ihm bisher noch nicht gelungen. Nicht ein Freund oder eine Freundin sind hier schwach geworden. Alle befinden sich im Widerstand. Die türkische Armee war bis heute nicht in der Lage, ihre Soldaten in den Kampf gegen unsere Genoss:innen zu schicken, und sie haben nicht die Entschlossenheit, um den Widerstand der Freund:innen zu brechen. Der Feind hat seinen Schwerpunkt in diesem Krieg auf die Technik gesetzt. Er zielt darauf ab, sich dauerhaft festzusetzen, zu diesen Stellungen Straßen zu bauen und so Schritt für Schritt vorzurücken. Auch das vergrößert die Zahl der Ziele für unsere Einheiten.
„Wir bereiten uns auf einen langen Krieg vor“
Der Feind wollte den Krieg auf einer Front intensivieren, um unsere mobilen Einheiten zu neutralisieren. Aber das wird nicht funktionieren. Unsere mobilen Einheiten werden überall dort zuschlagen, wo der Feind ist. Sie werden dem Feind schwere Verluste abverlangen. Wie wir bereits erklärt haben, versucht der Feind die Orte, die er eingenommen hat, mit modernster Technik zu schützen. Das Gelände lässt dies jedoch nicht zu.
Bis heute haben wir viele Veränderungen an unserer Kriegsführung und den Taktiken vorgenommen. Diese Veränderungen werden fortgesetzt. Es ist klar, dass dieser Krieg weitergehen wird. Also werden wir uns dementsprechend vorbereiten. Der Feind will schnell Ergebnisse erzielen. Aber wir werden das nicht zulassen. Wir werden den Krieg überallhin ausweiten. Das ist die aktuelle Situation.
„Wir führen den Krieg“
Krieg ist nichts Bequemes und Einfaches. Natürlich gibt es Opfer und Schwierigkeiten. Es gibt Belastungen, die dem Krieg an sich innewohnen. Wir haben bisher keine ernsthaften Verluste in diesem Kriegsprozess. Unsere Verluste fanden in den Gebieten statt, in denen unsere Freund:innen gegen den Feind intervenierten. Natürlich gibt es Mängel in unserem Kampf, aber wir werden uns auch auf diese konzentrieren. Wir werden nicht so kämpfen, wie der Feind es will, wir werden diesen Krieg so führen, wie wir wollen. Wir werden mit mobilen Einheiten auf vielen Ebenen kämpfen. Unsere Freund:innen am Kuro Jahro, Çiyayê Reş und der Werxelê-, Karker- und Şikefta-Birîndara-Front führen jeden Tag Aktionen durch. Wenn es nicht eine solche Leistungsfähigkeit und Entschlossenheit gäbe, wären so viele Aktionen nicht möglich. Wir hätten nicht die Kraft dazu. Dass wir so viele Aktionen machen, bedeutet, dass alle unsere Einheiten auf hohem Niveau kämpfen. Aber auch das betrachten wir nicht als ausreichend. Es ist für uns nur ein Anfang. Wir werden unsere bestehenden Mängel angepasst an die Bewegungen und den Taktiken des Feindes beseitigen. Dementsprechend wird es Veränderungen im Krieg geben. Der Feind hatte geglaubt, wir hätten nur Aktionen im Norden durchgeführt, er wusste nicht, dass wir uns gut vorbereitet haben. Er sah dies als Schwäche, die er gegen uns benutzen wollte. Das ist eigentlich ein Gesetz des Krieges, den Feind dort zu treffen, wo er es nicht erwartet … Das wurde zum Nachteil für die türkische Armee und öffnete uns die Möglichkeit, den Krieg auf ein größeres Gebiet auszudehnen. Jeder Ort, den der Feind zu besetzen versucht, ist für uns ein Aktionsfeld. Die Freund:innen machen ohnehin schon Aktionen. Nun werden sie in ihren Bereichen neue Taktiken entwickeln und den Krieg führen.
„Ein Krieg bringt Opfer mit sich, dazu sind wir bereit“
Bisher haben wir uns keinen Schritt von unseren strategischen Gebieten und Stellungen zurückgezogen, und wir haben die Kontrolle über den Krieg gewonnen. An einigen Orten wurde bisher nicht einmal eine Kugel abgefeuert. In Gebieten wie Şikefta Birîndara, Werxelê, Cehennem und Kuro Jahro finden heftige Kämpfe statt. An den Orten, an denen die heftigen Auseinandersetzungen stattfinden, konnte der Feind keinerlei Fortschritte machen. Der Krieg bringt Opfer mit sich, dazu sind wir bereit. Es gibt niemanden unter unseren Freund:innen, der sich nicht opferbereit verhält. Es gibt kein Zurückweichen. Wir betrachten den Krieg nicht nur als Widerstand und Verteidigung. Ja, das ist ein Teil, aber wir verteidigen nicht nur unser Land, unsere Region, sondern wollen den Angriff in eine Niederlage für den Feind verwandeln und dem türkischen Militär einen schweren Schlag zufügen. Das Jahr 2022 bietet uns auch große Chancen. Natürlich gibt es tägliche Veränderungen im Krieg, aber bisher liegt die Überlegenheit in unseren Händen. Wir haben in diesem Krieg auch Opfer wie unsere Freund:innen Rohat, Şervan, Şaristan, Şevîn und Viyan gebracht. Viele unserer Genoss:innen brachten Opfer, um keinen Schritt vor dem Feind zurückzuweichen, ihn zu vernichten und der Realität der PKK würdig zu sein. Viele unserer wertvollen Freund:innen sind gefallen. Aber das ist kein Grund für uns, nachzugeben. Im Gegenteil, wir werden diese Genoss:innen rächen und ihrer würdig sein.“