Der Nationalkongress Kurdistans (KNK) bezeichnet die Art und Weise, wie der türkische Außenminister Hakan Fidan in Hewlêr (Erbil) empfangen wurde, als „peinlich“. Der Besuch des früheren Geheimdienstchefs und heutigen Außenministers der Türkei im Irak und in Südkurdistan „diente der Legitimierung und Fortsetzung der Angriffe Ankaras in der Region“, teilte der KNK am Sonntag in Brüssel mit.
Fidan war am Mittwoch zu einem Antrittsbesuch nach Bagdad gereist und am Donnerstag in der Kurdistan-Region Irak mit dem PDK-Vorsitzenden Mesûd Barzanî, dem KRI-Präsidenten Nêçîrvan Barzanî sowie Premierminister Mesrûr Barzanî zusammengetroffen. Zeitgleich zu dem Besuch wurden mehrere Menschen bei türkischen Drohnenangriffen im Süden und Westen Kurdistans (Başûr und Rojava) getötet. Dass die Türkei ihre Kriegsverbrechen auf irakischem Territorium sogar während des dortigen Aufenthalts ihres Außenministers fortsetzt, hat zu breiten Protesten geführt. Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) bewertete die Äußerungen Fidans in Bagdad als „schamlos“, die Islamische Gemeinschaft Kurdistans (CÎK) appellierte an Mesûd Barzanî und die KRI, einen innerkurdischen Krieg zu verhindern und sich nicht mit den Mördern von Kurd:innen zu verbünden.
Der KNK betont in seiner Stellungnahme, dass von den vier Staaten, die Kurdistan beherrschen, der Irak die Existenz und die Rechte der Kurd:innen verfassungsmäßig anerkennt. Die Türkei versuche jedoch, den Irak auf ihre eigene Linie zu ziehen, und strebe „eine Rückkehr in die Zeiten des Saddam-Regimes an“. Die Absicht des türkischen Staates sei es, „die Interessen des kurdischen Volkes zu untergraben", erklärte der KNK und wies auf die Haltung der Türkei während des Unabhängigkeitsreferendums in Südkurdistan vor sechs Jahren hin.
Hinsichtlich der Dankesworte Fidans an die südkurdischen Regierungsvertreter mahnt der KNK: „Wenn dein Feind dir dankt, solltest du zehnmal nachdenken.“ Hakan Fidan sei in seiner Funktion als Leiter des türkischen Geheimdienstes MIT für unzählige Anschläge auf Kurd:innen verantwortlich und die PDK („Demokratische Partei Kurdistans“) arbeite mit ihm zusammen: „Die PDK bezieht nicht nur keine Stellung zu den Angriffen des türkischen Staates, sondern ist sogar an Aktivitäten beteiligt, die diese Angriffe erleichtern. Die Regierung Südkurdistans hat auf die Angriffe und Massaker in Pêncewîn, Sîdekan und Bradost während des Besuchs von Fidan in Hewlêr nicht reagiert.“
Weiter heißt es in der Erklärung des KNK: „Wir appellieren an die irakische Regierung und sagen, dass es keine Zusammenarbeit mit dem türkischen Staat geben darf. Wir fordern auch, dass gegen die Angriffe des türkischen Staates Stellung bezogen wird. Wir rufen die PDK auf, die Haltung, sich auf die Seite des türkischen Staates zu stellen, aufzugeben und eine nationale Linie zu verfolgen. Wir rufen alle kurdischen Kräfte auf, sich gegen die Invasoren zu stellen und ihren Platz im Freiheitskampf Kurdistans einzunehmen. Wir grüßen die Kräfte, die in Zap, Metîna und Avaşîn Widerstand gegen die Invasion der türkischen Armee leisten.“