IHD: Wan ist eine verbotene Stadt

Der Vorsitzende des Menschenrechtsverein IHD von Wan, Murat Melet, bezeichnet die Stadt als „verbotene Stadt“. Seit mehr als drei Jahren ist jegliche Versammlung verboten.

Seit mehr als drei Jahren ist jegliche Versammlung in der nordkurdischen Großstadt Wan (Van) verboten. Die Verbote begannen am 21. November 2016 und werden seitdem automatisch alle 15 Tage verlängert. Im Zusammenhang mit den Versammlungsverboten nahmen auch die Übergriffe und Rechtsverletzungen gegenüber der Bevölkerung zu. Nach einem Bericht des Menschenrechtsvereins IHD in Wan konnten allein im Jahr 2019 1.657 Rechtsverletzungen dokumentiert werden. Die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher.

Der Vorsitzende des Büros des Menschenrechtsvereins IHD in Wan, Murat Melet, berichtet, dass die Verbote bereits mit dem Beginn des Ausnahmezustands im Jahr 2015 begonnen haben. Nach dem Ende des Ausnahmezustands wurden die Verbote allerdings nicht aufgehoben, sondern der Ausnahmezustand normalisiert.

Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht alles zu verbieten

„Wir haben gesehen, dass die Verbote nicht von einem Gouverneur abhängen, sondern von der politischen Positionierung der Regierung ausgehen”, erklärt Melet. „Wir werden als Menschenrechtsverteidiger*innen diese Verbote immer wieder zur Sprache bringen. Die Regierung hat es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht, jede Regung zu verbieten. Sie glauben, je weiter sie die Zivilgesellschaft von der Bevölkerung entfernen, je weiter sie oppositionelles Denken, oppositionelle Parteien und oppositionelle Diskurse von den Menschen entfernen, desto erfolgreicher seien sie. Man versucht auf diese Weise auch die Medien, als Mittel um die Gesellschaft zu erreichen, zu behindern. Denn wir können unsere Arbeiten, Berichte und unsere Botschaften nur über die Medien verbreiten. Aber alle unsere Pressekonferenzen wurden verboten. Es ist mittlerweile schon ein Problem, eine Reportage zu machen.

Als Menschenrechtsverteidiger*innen in einer Stadt, in dem eine Herrschaftsmentalität herrscht die besagt: ‚Entweder bist du mit uns oder du bist Nichts‘, haben wir immer und allerorts, egal wer an der Macht war, egal wer in der Opposition war, niemals geschwiegen, und wir werden auch niemals schweigen. Die Regierungspartei von heute kann morgen eine irrelevante Kleinstpartei sein. Deswegen richten wir einen Aufruf an die Regierung: Hebt alle Versammlungsverbote in der Türkei auf, lasst uns die Türkei zu einem demokratischeren und friedlicheren Land machen.“