Hundertjährige wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt

In Sêwreg ist eine Hundertjährige wegen Präsidentenbeleidigung angeklagt worden. Das Gericht hat eine Strafunmündigkeit festgestellt und eine Unterbringung in einer geschlossenen Heilanstalt wegen Gefährdung der Öffentlichkeit angeordnet.

Aliye Yabansu lebt in einem zwanzig Quadratmeter großen Container in Sêwreg (tr. Siverek) in der nordkurdischen Provinz Riha (Urfa). Laut Ausweis ist sie 96 Jahre alt, ihr wahres Alter soll hundert Jahre sein. Gegen sie läuft ein Verfahren wegen Präsidentenbeleidigung, weil Anfang 2019 ein Video von ihr in sozialen Netzwerken aufgetaucht ist. Daraufhin wurde sie von einer Privatperson angezeigt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, die Ehre von Tayyip Erdogan verletzt zu haben, und hat ihre geschlossene Unterbringung aufgrund von Geisteskrankheit beantragt. Es liegt ein ärztliches Gutachten über ihre Strafunmündigkeit vor, das vom Gericht in Sêwreg anerkannt wurde.

Bei der Gerichtsverhandlung im Dezember vergangenen Jahres wurde wegen vermeintlicher Gefahr für die Gesellschaft die Unterbringung von Aliye Yabansu in einer nahegelegenen geschlossenen Anstalt angeordnet. Die Staatsanwaltschaft hat jetzt die Polizei damit beauftragt, Yabansu ins staatliche Krankenhaus in Kayseri zu bringen.

Dagegen hat Yabansus Verteidiger Celil Tanış Widerspruch eingelegt. Der Rechtsanwalt macht in seinem Widerspruch geltend, dass seine Mandantin bettlägerig und pflegebedürftig ist und schon die achtstündige Fahrt nach Kayseri Folter gleichkomme. Sie aus ihrem gewohnten Umfeld herauszureißen und in eine ihr unbekannte Stadt zu bringen, werde ihren Tod bedeuten. Das Video sei ohne ihre Einwilligung aufgenommen und verbreitet worden.