HPG-Kommandant berichtet aus Südkurdistan
Der HPG-Kommandant Amed Malazgirt hat gegenüber ANF den aktuellen Stand des Guerillawiderstands gegen die türkische Besatzungsoperation in Südkurdistan erläutert.
Der HPG-Kommandant Amed Malazgirt hat gegenüber ANF den aktuellen Stand des Guerillawiderstands gegen die türkische Besatzungsoperation in Südkurdistan erläutert.
Amed Malazgirt hat sich als einer der Kommandanten des zentralen Hauptquartiers der HPG zum Stand der türkischen Invasion in den Medya-Verteidigungsgebieten und dem Widerstand der Guerilla geäußert. Malazgirt weist darauf hin, dass der türkische Staat zu Chemiewaffen greift, um den Guerillawiderstand zu brechen. Er ruft zum Kampf gegen die AKP/MHP-Koalition auf und sagt: „Die AKP wird ihre Macht weder aufgrund von Wahlen noch in anderer Form aufgeben.“
Der HPG-Kommandant verweist auf die Pläne des türkischen Staates von 2015 und teilt dazu mit: „Die momentane Operation wollte der türkische Staat bereits 2015 durchführen. Daher hat er im gesamten Zagros, in Cîlo, Çarçela, Zap, Avaşîn und Xakurke diverse Luft- und Bodenangriffe durchgeführt, es haben heftige Gefechte stattgefunden. Auf dieser Zeit basiert das türkische Vernichtungskonzept. Der Staat und seine Armee hatten zu jener Zeit jedoch nicht die Kraft, gegen die Guerilla zu kämpfen. Sie haben mehrfach versucht, ihre Besatzungsangriffe in Südkurdistan auszuweiten, so 2015 in Çarçela, 2016 in Ertûş, im Zap, 2017 in Xeregol und 2017-2018 in Xakurke. Wie bereits eben erwähnt, hatte der türkische Staat damals nicht die notwendige Technik und auch keine Paramilitärs, um gegen die Guerilla anzukommen. Nach 2018 hat die türkische Armee neue Kriegstechnologie von der NATO erhalten. Mit der seit 2015 gesammelten Erfahrung hat sie am 23. April dieses Jahres eine Invasion gestartet, die bis heute andauert.“
Weiter führt Malazgirt aus: „Diese Invasion hat zeitgleich in Avaşîn, Zap und Metîna begonnen und dauert in diesen Regionen weiter an. Die Operation konzentriert sich momentan vor allem auf Avaşîn. Der Feind ist zu Beginn der Operation davon ausgegangen, dass die Guerilla nicht standhalten kann gegen die moderne Waffentechnologie. Gleich am ersten Tag hat er alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt, es kamen Kampfbomber, Drohnen, Panzer und Raketen zum Einsatz. Nach der Bombardierung wurden an vielen Stellen Truppen abgesetzt, die unsere Stellungen angegriffen haben. Unsere Freundinnen und Freunde haben darauf mit großem Widerstand reagiert.
Großen Widerstand hat es in der Geschichte unserer Bewegung schon immer gegeben, dafür gibt es viele Beispiele. Der heutige Widerstand weist jedoch einen anderen Charakter auf. Die Armee greift brutaler als je zuvor mit allen Mitteln des Staates an und die Guerilla leistet mit neuer Taktik und Methoden Widerstand. Damit hatte der Feind nicht gerechnet. Er wollte vorrücken und besetzen, das war sein Plan. Insbesondere der von Serhat Giravî angeführte Widerstand am Mamreşo in Avaşîn bedeutete einen schweren Schlag für den Feind. Dadurch hat die Armee begriffen, dass sie ihre Besatzung nicht so einfach erweitern kann. Aus diesem Grund hat sie zu schmutzigen Methoden gegen die Guerilla gegriffen. Gegen unsere Freund:innen am Mamreşo wurde chemisches Gas eingesetzt, sieben unserer Weggefährt:innen sind dadurch gefallen.
Danach haben unsere Freund:innen im Dola Konferansê und Dola Maran dem Feind einen heftigen Schlag versetzt. Hier hat die türkische Armee ihren ersten Zusammenbruch erlebt. An beiden Stellen sind Dutzende Soldaten getötet worden. Aus diesem Grund musste die Armee sich abschnittsweise von einigen Stellen zurückziehen. Der Widerstand unserer Freund:innen hat den Plan zunichte gemacht, sie zu belagern und zu vernichten. Der Feind wollte diese beiden Täler besetzen und den Belagerungsring zuziehen. Wenn ihm das gelungen wäre, hätte er Girê Sor, Kartal und somit das gesamte Basya-Gebiet umstellt. Das wurde von unseren Freund:innen verhindert.
Danach, am 7. Juni, hat der Feind sich zunächst Werxelê und danach dem Girê Sor zugewandt. An beiden Stellen haben unsere Freund:innen einen unvergleichlichen Widerstand an den Tag gelegt. Der Feind hat begriffen, dass er trotz seiner Technik und seinen paramilitärischen Kräften nicht gegen die Guerilla ankommt. Deshalb hat er wie am Mamreşo auch dort mit Chemiewaffen angegriffen.
In Avaşîn hat der Staat alle Mittel gegen die Guerilla eingesetzt. Nach uns vorliegenden Informationen sind auch die Dschihadisten eingesetzt worden, die der türkische Staat für seine Schmutzarbeit benutzt. Denn die eigenen Soldaten sind angesichts des Widerstands der Guerilla psychisch zusammengebrochen. Der Soldat Sezai Güngör hat versucht, sich der Guerilla zu ergeben. Wir haben als Belege für den Einsatz verbotener Waffen Augenzeugenberichte, Fotos und Aufnahmen öffentlich gemacht. Bisher hat niemand darauf reagiert, obwohl die Verbrechen des türkischen Staates eindeutig sind. Keine internationale Institution sagt etwas dazu. Deshalb appellieren wir an unser Volk, sich für die Guerilla einzusetzen. Die Guerilla repräsentiert die Würde des kurdischen Volkes und kämpft für seine Freiheit. Deshalb muss das Volk zusammen mit solidarischen Menschen auf die Beine kommen und die türkischen Kriegsverbrechen anprangern.
Aktuell geht der Krieg mit voller Gewalt weiter. In Boxaza, Banista, Şehîd Dilgeş und Şehîd Serdar sind türkische Truppen stationiert. Gleichzeitig sind Truppen in verdeckter oder offener Form im Gelände in Bewegung. Wie es aussieht, wird der Krieg auch in diesem Winter weitergehen. Der Feind wird in Richtung Qela Bedewê und Cîloya Biçûk vorrücken wollen, aus diesem Grund können die Kampfhandlungen noch heftigere Ausmaße annehmen.“
Die türkische Berichterstattung ist Teil der psychologischen Kriegsführung
Zu der Berichterstattung in den türkischen Medien teilt der HPG-Kommandant Amed Malazgirt folgendes mit: „Die türkische Armee hat eine Besatzungsoperation in den Gebieten Kartal, Şehîd Diren, Stûnê und Şehîd Ali gestartet. Unsere Freund:innen dort haben großen Widerstand geleistet. Dieser Widerstand hat eine Woche angedauert. In Şehîd Ali und Şehîd Diren ist der türkischen Armee mit Sabotageaktionen und direkten Angriffen ein schwerer Schlag versetzt worden. Die Armee hat dabei große Verluste erlitten. Die Berichterstattung in den türkischen Medien, dass viele Kämpferinnen und Kämpfer getötet wurden und viele sich ergeben haben, ist erlogen. Bei den Gefechten sind fünf Freund:innen gefallen und vier in Gefangenschaft genommen worden.
Am Girê Kartal hat der Feind Chemiewaffen eingesetzt. Unsere Freund:innen haben trotzdem bis zuletzt Widerstand geleistet. Die chemischen Kampfstoffe haben auf sie eingewirkt. Es stimmt nicht, dass sie kapituliert haben, wie es in den Spezialkriegsmedien behauptet wird. Die türkische Armee greift mit Chemiewaffen an. Dieses Gas führt zu Gedächtnisverlust, es wirkt sich auf das Nervensystem aus. Aus diesem Grund bewegen sich die Freund:innen unbewusst. Als zwei von ihnen wieder zu Bewusstsein gekommen sind, haben sie sich selbst das Leben genommen, um nicht in die Hände des Feindes zu gelangen. Im Tunnel am Kartal waren ohnehin nur fünf Freund:innen. Als zwei von ihnen gefallen sind, haben die anderen drei Tage lang im Tunnel gegen die türkische Armee gekämpft. In diesen drei Tagen haben sie eine Drohne und einen Roboter zerstört und mehrere Soldaten getötet. Danach hat die Armee sehr massiv Chemiewaffen eingesetzt und unsere Freund:innen sind unter dem Einfluss des Gases in Gefangenschaft geraten.
Im Gebiet Şehîd Diren waren unsere Freund:innen in Bewegung, als es zu einem Gefecht mit dem Feind kam und eine Freundin namens Rûmet gefangen genommen wurde. Diese Freundin wurde ermordet, weil sie sich dem Feind nicht ergeben hat. Bei den dazu veröffentlichten Aufnahmen handelt es sich um eine der Machenschaften der türkischen Spezialkriegsmedien. Die Aufnahmen sind gemacht worden, als unsere Freund:innen in Gefangenschaft geraten sind. Die Darstellung der türkischen Medien entspricht nicht der Wahrheit.
Wir appellieren erneut an alle Institutionen, die gegen Kriegsverbrechen und für Menschenrechte eintreten. Sie müssen gehen die Verbrechen der türkischen Armee an der Guerilla vorgehen. Andernfalls machen sie sich verantwortlich für den Tod junger Kurdinnen und Kurden durch Chemiewaffen. Wir kämpfen seit Jahren gegen den Faschismus. Alle müssen gegen den AKP/MHP-Faschismus kämpfen, denn nur so kann er besiegt werden.“