Der Fall des flüchtigen Soldaten Sezai Güngör

Die türkische Armee verschweigt systematisch ihre Verluste bei der Invasion in Südkurdistan. Das zeigt der Fall Sezai Güngör. Der aus Wan stammende Unteroffizier ist in der Zap-Region von den eigenen Kameraden erschossen worden.

Die türkische Armee erleidet bei ihrer im April gestarteten Invasion in den Medya-Verteidigungsgebieten in Südkurdistan schwere Verluste und kann angesichts des Guerillawiderstands trotz technologischer Überlegenheit keine Erfolge verzeichnen. Bei der Operation werden Paramilitärs und Dschihadisten eingesetzt, die türkischen Einheiten werden häufig ausgetauscht. Die eigenen Verluste werden von der Armee systematisch verschwiegen. Fast täglich kommen Soldaten in Südkurdistan ums Leben, ihr Tod wird jedoch so gut wie nie öffentlich gemacht. Stattdessen wird in den gleichgeschalteten Medien in der Türkei über vermeintliche Erfolge berichtet. Die Lage vor Ort sieht jedoch anders aus.

Bezeichnend für die Niederlage der türkischen Armee ist der Fall des Soldaten Sezai Güngör, über den die Volksverteidigungskräfte (HPG) am Mittwoch berichteten. Die Guerilla hatte am 10. September im Gebiet Şamkê in der Zap-Region die Kontrolle über eine türkische Einheit gewonnen. Als die Einheit das bemerkte, flüchtete ein Soldat und bewegte sich auf die Guerillagruppe zu, um sich zu ergeben. Seine Einheit eröffnete das Feuer und es kam zu einem Gefecht, weil die Guerillagruppe den Soldaten zu retten versuchte. Dabei wurde laut HPG eine Kämpferin oder ein Kämpfer verletzt. Später wurde das Gelände, in dem sich der flüchtige Soldat befand, von der türkischen Armee mit Haubitzen beschossen. Während des Gefechts und der Bombardierung wollten Guerillakämpfer:innen den verletzten Soldaten aus der Schusslinie holen und mussten feststellen, dass er bereits tot war. Bei dem Toten handelt es sich um den Vertragsinfanteristen Sezai Güngör.

Der türkische Staat hat sich zu dem Fall nicht geäußert. Wie aus den von der Guerilla sichergestellten Unterlagen hervorgeht, ist Sezai Güngör am 29. März 1993 in Wan-Payîzava (tr. Van-Gürpınar) geboren. Seine Familie lebt seit vielen Jahren in Sakarya in der Westtürkei. Der Kurde aus Wan war seit 2015 Berufssoldat der türkischen Armee vom Rang eines Unteroffiziers und hatte die Dienstnummer 2015-5496.

Der Fall Sezai Güngör zeigt auf, dass ein Kurde auch als Soldat des Feindes nicht sicher ist. Sein Recht auf Leben wird in dem Moment aufgehoben, in dem er den Befehl verweigert, weil er sein Leben retten will. Der Tod von Sezai Güngör ist ein Beispiel dafür, was allen mit dem türkischen Staat kollaborierenden Kurden droht.

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