HPG-Erklärung zum Krieg in Kurdistan

Bei Guerillaaktionen in Südkurdistan sind 23 Soldaten der türkischen Armee getötet worden, die Guerilla zerstörte sechs feindliche Stellungen. Am Girê Amêdî sind drei Guerillakämpfer im Widerstand gegen die türkische Besatzung gefallen.

Nach Angaben der Volksverteidigungskräfte (HPG) sind in den letzten Tagen 23 Soldaten der türkischen Armee bei Guerillaaktionen in Südkurdistan getötet worden, drei Soldaten wurden verletzt. Im Widerstand der Guerilla gegen die türkische Invasion wurden sechs feindliche Stellungen und zwei Sprengfallen zerstört, ein Transporthubschrauber und ein Panzerwagen wurden beschädigt. Die HPG widmen ihre Aktionen dem Jahrestag der PKK-Gründung am 27. November 1978.

Wie das Pressezentrum der HPG mitteilt, hat die türkische Armee am Freitag erneut international geächtete Kampfmittel eingesetzt. Demnach wurden Guerillastellungen in einem Fall mit einer verbotenen Bombe und in vier Fällen mit chemischen Waffen angegriffen. Darüber hinaus berichten die HPG über 50 Luftangriffe, davon sechs mit Kampfjets und 44 mit Kampfhubschraubern, und Dutzende Angriffe mit Haubitzen, Panzern, Mörsern und schweren Waffen.

Zu den Einzelheiten machen die HPG folgende Angaben:

Vierflankenangriff der Guerilla auf Besatzungstruppen am Girê Amêdî

Am 16. November wurden die türkischen Besatzungstruppen im Widerstandsgebiet Girê Amêdî in der Nähe der Şehîd-Pîrdoğan-Stellung von vier Flanken aus von mobilen Guerillateams angegriffen. Zum Einsatz kamen leichte und schwere Waffen, Handgranaten, halbautomatische Waffen und Präzisionsgewehre. Während der Aktion wurden die Kämpfer:innen von einer Stelle aus beschossen, an der sich PDK-Truppen befanden. Bei der Aktion wurden mindestens 14 Soldaten getötet und sechs Stellungen zerstört. Die Guerillakämpfer Mîlîtan, Serxwebûn und Nejwan wurden im Gefecht schwer verletzt und richteten ihre Handgranaten gegen sich selbst. „Sie gingen mit großem Mut auf die feindlichen Stellungen zu und kämpften auf der Linie der Opferbereitschaft bis zur letzten Kugel gegen die Besatzer“, erklären die HPG und sprechen den Angehörigen der Gefallenen und dem Volk Kurdistans ihr Mitgefühl aus.

                               

Codename: Milîtan Heqî
Vor- und Nachname: Ahmet Yavuz
Geburtsort: Amed
Namen von Mutter und Vater: Makbule – Davut
Todestag und -ort: 16. November 2022 / Metîna

 

Codename: Nejwan Mêrdîn
Vor- und Nachname: Neşvan Kanbur
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Terfa – Izzettin
Todestag und -ort: 16. November 2022 / Metîna

 

Codename: Serxwebûn Baz
Vor- und Nachname: Hamza Aykut
Geburtsort: Mêrdîn
Namen von Mutter und Vater: Ayhan – Arap
Todestag und -ort: 16. November 2022 / Metîna

 

Milîtan Heqî

Milîtan Heqî ist in Amed-Bismil geboren und in einem der kurdischen Befreiungsbewegung nahestehenden Umfeld aufgewachsen. Am 27. November 2014 schloss er sich der Guerilla an und absolvierte eine Grundausbildung in Metîna. Danach war er drei Jahre lang auf der Grenzlinie zwischen dem Staatsgebiet der Türkei und des Irak in der Praxis. Der Guerillakampf in diesem Gebiet erforderte Kreativität und militärische Disziplin und Milîtan beteiligte sich mit großem Mut und Intelligenz an vielen erfolgreichen Aktionen. Dabei wurde er mehrfach leicht verwundet. Er erlernte den professionellen Gebrauch verschiedener Waffengattungen und wurde schließlich Teil der Sondereinheit Hêzên Taybet, die eine explizite Opferbereitschaft voraussetzt. „Fedai“ zu sein, bedeutete für Milîtan jedoch nicht nur, das eigene Leben bei einer Aktion aufs Spiel zu setzen, sondern vielmehr eine Lebensweise. 2017 schrieb er in sein Tagebuch: „Für die Freiheit zu leben und im Kampf zu sterben, ist eine Ehre. Wir können alles akzeptieren, auch wenn unsere Leichen zerfetzt und über den Boden geschleift werden, aber ein würdeloses Leben ist für uns nicht hinnehmbar.“ Als die Besatzungsangriffe auf die Regionen Zap, Avaşîn und Metîna begannen, kämpfte Milîtan mit revolutionärer Überzeugung und „schloss sich als unsterblicher Fedai-Kommandant der Karawane der Gefallenen an“, so die HPG.

Nejwan Mêrdîn

Nejwan Mêrdîn ist in Mêrdîn-Qoser geboren. Seine Familie und sein soziales Umfeld standen der kurdischen Befreiungsbewegung nahe und er empfand bereits als Kind Sympathie für die PKK. 2015 schloss er sich dem bewaffneten Kampf an. Ausschlaggebend für seine Entscheidung waren der Kampf um Kobanê und der Widerstand für Selbstbestimmung in Nordkurdistan. Er kämpfte gegen den IS und erlitt dabei Verletzungen an Brust, Hand, Bauch und Kopf. Mit seinem Kampf trug er maßgeblich dazu bei, mehrere Orte von der IS-Barbarei zu befreien. Anschließend kam er in die Berge und ergänzte seine militärische Erfahrung mit einer ideologischen Ausbildung an der Haki-Karer-Akademie. An der Akademie hinterfragte er seine eigene Persönlichkeit und setzte seine ersten Schritte als führender Kommandant. Danach ging er wieder in die Praxis. Bei der Guerillaaktion am 16. November am Girê Amêdî spielte er eine führende Rolle in einer der Angriffsgruppen.

Serxwebûn Baz

Serxwebûn Baz ist in Mêrdîn-Qoser geboren und mit der kurdischen Kultur aufgewachsen. Er lernte die PKK kennen und wurde in der Jugendbewegung aktiv. Aufgrund seiner politischen Arbeit wurde er verhaftet und war fünf Monate im Gefängnis. In dieser Zeit entschied er sich, noch radikaler zu kämpfen. Der IS-Angriff auf Rojava und Şengal im Jahr 2014 war ausschlaggebend für sein weiteres Leben. Wie Tausende weitere Menschen ging er nach Rojava und beteiligte sich am Widerstand gegen die islamistische Invasion. Er wurde zweimal schwer verletzt und setzte seinen Kampf nach der Genesung mit noch größerer Entschlossenheit fort. 2016 ging er in die Berge und vertiefte sein Wissen über die Vorstellungen Abdullah Öcalans. In dieser Zeit verstand er immer mehr, was das Leben innerhalb der PKK bedeutet. Später ging er nach Botan, wo er seine militärische Erfahrung erfolgreich in die Praxis umsetzen konnte. Für eine Weiterbildung kam er wieder in die Medya-Verteidigungsgebiete. Aus der Fortbildung ging er als führender Kommandant hervor. Zuletzt kämpfte er mit großem Mut in einer mobilen Einheit im Widerstandsgebiet Girê Amêdî.

Weitere Guerillaaktionen in Südkurdistan

Am 18. November haben diverse weitere Guerillaaktionen stattgefunden. Am Girê Cûdî wurden drei Soldaten von Scharfschütz:innen der YJA Star und HPG erschossen. Zwei weitere Angriffe auf die Invasionstruppen wurden mit schweren Waffen durchgeführt. In der Nähe der Şehîd-Yunus-Stellung zerstörte die Guerilla zwei von der türkischen Armee installierte Sprengfallen. In der vergangenen Nacht wurde ein Sikorsky-Hubschrauber von einem mobilen Guerillateam beschossen.

In Avaşîn wurde ein türkischer Trupp im Gebiet Kilise von zwei Seiten mit schweren Waffen angegriffen. Sechs Soldaten wurden dabei getötet, drei weitere verwundet.

In der Zap-Region griffen Guerillakämpfer:innen die Besatzungstruppen mehrfach mit schweren Waffen an. Unter anderem wurde eine Militärkolonne auf der Fahrt von Sîda nach Çemço beschossen. Dabei wurde ein Panzerwagen beschädigt.

Angriffe der türkischen Armee

Die türkische Armee setzte am Freitag eine verbotene Bombe und viermal Chemiewaffen gegen die Şehîd-Felat-Stellung in Sîda ein. Die Gebiete Gundê Şêlazê in Metîna, Sinînê in Xakurke und Girê Cûdî wurden sechsmal von Kampfjets bombardiert. Die 44 Hubschrauberangriffe richteten sich gegen Girê Amêdî und Girê FM. In Karker und Çemço hat die türkische Armee erneut versucht, Guerillastellungen mit Baumaschinen zu zerstören.