Der Vernichtungsfeldzug der türkischen Armee gegen Grabstätten von gefallenen Kämpferinnen und Kämpfern der Guerilla weitet sich in Nordkurdistan immer weiter aus. Nachdem im April bereits ein ernstzunehmender Anstieg systematischer Zerstörungswut in den Provinzen Wan (türk. Van) und Amed (Diyarbakir) beobachtet wurde, zeigt sich gleiches Bild nun auch in Çewlîg (Bingöl). Dort wurde bisher eine Vielzahl von Guerillagräbern auf den Friedhöfen in der gleichnamigen Provinzhauptstadt sowie im Landkreis Azarpêrt (Adaklı) zerstört.
Betroffen von dem Vernichtungswahn ist auch die Ruhestätte von Sevda Serinyel. Die Kämpferin der Volksbefreiungsarmee HKO (Halkın Kurtuluş Ordusu), dem bewaffneten Arm der Maoistisch-Kommunistischen Partei MKP, starb im August 2017 in Pilûr (Ovacık) in der Provinz Dersim bei Auseinandersetzungen mit türkischen Operationseinheiten. Ihre sterblichen Überreste sind auf dem Dorffriedhof Karer begraben. Ihre Angehörigen wurden ihren Angaben zufolge in letzter Zeit mehrmals von der örtlichen Militärkommandantur aufgefordert, die Schriftzüge auf dem Grabstein von Sevda Serinyel zu entfernen. Da sich die Familie weigerte, entfernten Soldaten kurzerhand selbst den Nom de Guerre „Mercan“ sowie den Satz: „Wie oft wir gestorben sind, um zu leben“. Jetzt soll der Grabstein vollständig weg.
Ursprünglicher Zustand des Grabsteins von Sevda Serinyel
Mittlerweile halten Verwandte im Wechsel Wache auf dem Friedhof, um einen weiteren Angriff zu verhindern. Nach vorliegenden Informationen wurden in Azarpêrt bisher Guerillagräber oder Grabsteine in neun kurdisch-alevitischen Dörfern zerstört.