Gewalt gegen Minderjährige in Polizeigewahrsam

Die bei der Antiterror-Operation in Nisêbîn am Vortag festgenommenen Minderjährigen sind auf freien Fuß gesetzt worden. Nach ihrer Freilassung stellten sie Strafanzeige gegen einen Polizisten, dem sie gewalttätige Übergriffe vorwerfen.

Die am Sonntag bei Hausstürmungen in Nisêbîn festgenommenen Jugendlichen befinden sich wieder auf freiem Fuß. Zwei Minderjährige aus der Gruppe waren bereits am Abend nach einer polizeilichen Befragung wieder freigelassen worden. Ein Dreizehnjähriger sowie ein fünfzehn Jahre alter Jugendlicher blieben zusammen mit einem Neunzehnjährigen bis Montag in Polizeihaft. Unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ wurden sie an ein Gericht in der Provinzhauptstadt Mêrdîn überstellt.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Jugendlichen vor, das Polizeirevier in ihrem Wohnviertel Firat mit Brandsätzen angegriffen zu haben. Vor Gericht wiesen die drei die Vorwürfe gegen sie zurück – und stellten Strafanzeigen gegen einen Beamten der Antiterrorzentrale des Polizeipräsidiums. Durch ihn seien sie Opfer von gewalttätigen Übergriffen, Beschimpfungen und Bedrohungen geworden. Zudem habe es Ohrfeigen und anderweitige Schläge gehagelt. Die Beleidigungen seien sexistisch gewesen.

Die Freilassungen der Jugendlichen erfolgten im Gegenzug für Meldeauflagen. Sie müssen sich wöchentlich in dem Polizeirevier melden, das sie angeblich angegriffen haben sollen. Ob Anklage gegen die Gruppe erhoben wird, ist noch unklar.

Während Militärbelagerung zerstört

Nisêbîn zählt zu jenen Städten, die nach monatelangen Ausgangssperren zwischen 2015 und 2016 im Zuge der türkischen Militärbelagerung großflächig zerstört wurden. Dutzende Bewohnerinnen und Bewohner wurden damals getötet, sechs der fünfzehn Wohnviertel vollständig zerstört und rund 6.000 Gebäude infolge schwerer Schäden durch Bombardierungen abgerissen. Insgesamt wurden aus Nisêbîn nach Angaben der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) rund 65.000 Menschen vertrieben.