Der frühere Bürgermeister der kurdischen Stadt Sêrt (türk. Siirt), Tuncer Bakırhan, ist in der Türkei zu zehn Jahren und zehneinhalb Monaten Haft verurteilt worden. Der Prozess am 2. Schwurgerichtshof Siirt fand weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zur Urteilsverkündung erschien Bakırhan nicht und ließ sich im Gerichtssaal von seinen Anwälten vertreten.
Der Politiker Tuncer Bakırhan wurde bei den Kommunalwahlen im März 2014 als Kandidat der Partei der demokratischen Regionen (DBP), der Schwesterpartei der HDP (Demokratische Partei der Völker), zum Ko-Bürgermeister von Sêrt gewählt. Im November 2016 wurde er auf Anordnung des Innenministeriums des Amtes enthoben und zusammen mit zahlreichen Amtskolleg*innen und weiteren führenden Politiker*innen der Opposition, darunter auch die Ex-Vorsitzenden der HDP, Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, wegen Terrorvorwürfen verhaftet.
Im Juli 2018 verurteile ein Gericht Bakırhan wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation – gemeint war die PKK – sowie Terrorpropaganda zu insgesamt zehn Jahren und fünfzehn Tagen Freiheitsstrafe. Das regionale Berufungsgericht in Dîlok (Antep) kippte jedoch das Urteil und gewährte dem Politiker einen neuen Prozess. Daraufhin wurde Bakırhan im Oktober 2019 aus dem Gefängnis in Bolu entlassen. Nun wurde er zusätzlich zum selben Strafmaß wegen Beleidigung des Türkentums und staatlicher Institutionen zu zehn Monaten Haft verurteilt. Vom Vorwurf der Volksverhetzung sowie einem vermeintlichem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz wurde Bakırhan freigesprochen.