Ein türkisches Gericht in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakir) hat die ehemalige kommissarische Ko-Bürgermeisterin von Farqîn (türk. Silvan) wegen Terrorvorwürfen zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt. Die Politikerin wird beschuldigt, mit ihren Reden bei medial begleiteten Protestkundgebungen und anderen Veranstaltungen in den Jahren 2015 und 2016 Terrorpropaganda betrieben zu haben. Tekiner habe nicht nur die „gewaltsamen Methoden der Organisation“ – gemeint ist die PKK – gefördert, sondern gleichzeitig legitimiert. Nach Überzeugung der Anklagebehörde habe sie sich daher auch der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig gemacht.
Die beanstandeten Aussagen von Tekiner kamen bei Presseerklärungen und Aktionen gegen die Belagerung kurdischer Städte durch das türkische Militär und die Ausgangssperren zustande. Die Anklageschrift beruhte formal auf den Aussagen von drei vermeintlichen „Zeugen“, die namentlich nicht benannt wurden.
Das Verfahren fand in Abwesenheit von Zuhal Tekiner vor der 9. Strafkammer am Schwurgerichtshof in Amed statt. Die Politikerin wurde im Gerichtssaal von ihrem Verteidiger, dem Rechtsanwalt Abdülkadir Güleç, vertreten. Dieser führte ins Feld, dass außer den sogenannten Zeugenaussagen keine Beweise gegen seine Mandantin vorlägen. Er erinnerte das Gericht daran, dass ein unabhängiges Gutachten bereits bestätigt hat, dass es sich bei den Äußerungen Tekiners nicht um Terrorpropaganda gehandelt habe. Das Gericht verurteilte die Politikerin wegen PKK-Mitgliedschaft zu siebeneinhalb Jahren und wegen Terrorpropaganda zu eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Güleç kündigte Berufung an.