„Terrorvorwürfe“: Operation gegen kurdische Ortsvorsteher

In Licê wurden 15 Ortsvorsteher wegen Terrorvorwürfen aus dem Staatsdienst entlassen. Die Kreisstadt befand sich bis letzte Woche unter permanentem Belagerungszustand. Einer der Vorsteher wurde bereits festgenommen.

Auf Anweisung des türkischen Innenministers Süleyman Soylu sind am Montag 259 Dorf- und Gemeindevorsteher wegen Terrorismusvorwürfen aus dem Staatsdienst entlassen worden. Ihnen werde Mitgliedschaft in oder Verbindungen zu Terrororganisationen oder illegalen Organisationen vorgeworfen, teilte das Innenministerium in Ankara mit. Um welche Organisationen es sich dabei genau handelt, ging aus der Erklärung nicht hervor. Betroffen seien 103 Dorfvorsteher und 156 Gemeindevorsteher, die ihrer Aufgabe „zuwidergehandelt“ hätten, hieß es.

Bereits im Vorfeld hatte es Anzeichen dafür gegeben, dass die jüngste Welle staatlicher Repression auch die Ortsvorsteher erfasst. In einer Erklärung des türkischen Präsidenten Erdoğan hatte es geheißen, es gäbe Vorsteher, die sich der PKK „unterwerfen“ würden. Dies sei inakzeptabel und man werde ihnen nicht „vergeben“.

Bei 15 der Betroffenen handelt es sich um Ortsvorsteher in der nordkurdischen Kreisstadt Licê, in der bis vergangenen Donnerstag 65 Dörfer und Weiler von türkischen Militärs belagert wurden. Die Armee hatte die mehr als eine Woche anhaltende Militärblockade mit einer Operation gegen die Guerilla begründet und die Zivilbevölkerung terrorisiert.

Vor zwei Tagen drangen in Licê Spezialeinheiten der Polizei (Polis Özel Harekat, PÖH) in das Haus von Hanifi Gülen, dem Vorsteher der Ortschaft Karahasan ein und nahmen ihn fest. Nach einer Vernehmung bei der lokalen Polizei wurde Gülen an die Bezirkspolizeidirektion Diyarbakir überstellt. Er befindet sich seit mittlerweile mehr als 48 Stunden in Gewahrsam. Was man ihm konkret vorwirft, ist nicht bekannt. In Wan wurden am Samstag bereits drei Dorfvorsteher inhaftiert, seit gestern befindet sich auch ein Gemeindevorsteher in Bêrecûk (Birecik, Provinz Riha/Urfa) in Gewahrsam.

Die Vorfälle erinnern auch an die Worte Erdoğans bei einem Treffen der Gemeindevorsteher Ende 2016. Damals sagte Erdoğan: „Ihr müsst wissen, wer in welchem Haus ist, und das den Sicherheitskräften melden. Wenn ein Gemeindevorsteher das nicht weiß, erfüllt er seine Aufgabe nicht richtig“.