Ein turkmenischer Guerillakämpfer in den Bergen Botans

Haydar Erdoğan war Turkmene aus Semsûr. Als PKK-Kader saß er im türkischen Knast, als internationalistischer Freiheitskämpfer war er Teil des Guerillawiderstands in Botan. Dort ließ er 2017 sein Leben.

Von ihrem ersten Gründungstag an ist die PKK eine internationalistische Freiheitsbewegung. Nicht nur Kurd:innen, sondern Menschen aller möglichen ethnischen und religiösen Identitäten haben im Widerstand der PKK ihren eigenen Befreiungskampf erkannt und sich der Revolution angeschlossen. Einer dieser Kämpfer war der Turkmene Haydar Erdoğan, der unter dem Kampfnamen Pir Ali Dersim Teil der Guerilla war, bis er im Jahr 2017 am Berg Gabar fiel.

Haydar Erdoğan wurde als jüngstes von fünf Geschwistern einer armen Familie 1978 in Bêsnî in der nordkurdischen Provinz Semsûr (tr. Adıyaman) geboren. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in dieser am Ufer des Euphrat gelegenen Region. Als der Vater während seiner Kindheit für eine lange Zeit ins Gefängnis musste, wurde seine Beziehung zur Mutter enger. Durch diesen Umstand wurde Haydar Erdoğan von der demokratischen Frauenkultur geprägt. Er lernte die Werte, die seine Zeit in der PKK beeinflussen würden, zum ersten Mal durch seine Mutter kennen. Seit seiner Kindheit musste er arbeiten, um für den Unterhalt der Familie zu sorgen.

Er überzeugte auch seine Familie vom Freiheitskampf

In seiner Jugend las Haydar Erdoğan Bücher über revolutionäre Führungspersönlichkeiten in der Türkei. Er fühlte einen tiefen Widerspruch zum System und in ihm wuchsen aufbegehrende Gedanken. Auf seiner Suche lernte er schließlich die PKK kennen. Obwohl er ein turkmenischer Jugendlicher war, entdeckte er in der PKK seine Perspektive und schloss sich 2001 der politischen Arbeit in der Bewegung an. Durch ihn lernte auch seine Familie die kurdische Freiheitsbewegung kennen und sie begann ihn in diesem Sinne zu unterstützen. Je mehr er von der PKK verstand, desto stärker wurde sein Bedürfnis, aktiver zu werden.

Beitritt und Gefängnisjahre

Nach einer Bildung im Jahr 2008 entschloss er sich voll der kurdischen Freiheitsbewegung beizutreten und Kader der PKK zu werden. Er besuchte Familien, knüpfte Kontakte, machte Bildungs- und Organisierungsarbeit und lernte so die kurdische Bevölkerung besser kennen. Anschließend wechselte er in den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und war dort zwei Jahre aktiv. 2010 wurde er aufgrund einer Denunzierung wegen „Rekrutierungsarbeit für die Guerilla“ inhaftiert. Während seiner fünfjährigen Haft vertiefte er seine ideologische Bildung und entschloss sich, nach der Freilassung in die Berge zu gehen.

Er bestand darauf, Guerillakämpfer zu werden

Als Haydar Erdoğan das Gefängnis wieder verließ, setzte er seine Arbeit in der Gesellschaft fort. Der Wunsch in die Berge zu gehen, blieb aber bestehen. Am 3. April 2016 konnte er sich schließlich der Guerilla anschließen. Dort nahm er den Codenamen „Pir Ali Dersim“ an. Einen Tag später wurde der Geburtstag von Abdullah Öcalan begangen. In seinem Tagebuch findet sich ein Eintrag: „Am Abend des 3. April erreichte ich die Berge, und am Morgen wurde der 4. April gefeiert. Dies löste in mir ein tiefes Gefühl aus. Die Freude, nach vielen Jahren die freien Berge zu erreichen, verband sich mit der Begeisterung des 4. April."

„Das freie Leben liegt in den Bergen Kurdistans“

Was das Leben in der Guerilla für ihn bedeutete, beschrieb Haydar Erdoğan mit den Worten: „Hier lernten wir die Prinzipien und Maßstäbe des freien Lebens kennen. In diesem freien Leben sah und lernte ich, wie sklavisch, unannehmbar und unmenschlich mein vorheriges Leben gewesen war. Das gesuchte und ersehnte, das freie Leben liegt in den Bergen Kurdistans. Alle, die ein freies Leben suchen, sollten sich den Bergen zuwenden und wissen, dass das, was sie suchen, sich hier befindet. Das Leben war vorher kein echtes Leben. In den Städten spielen wir nur die uns zugewiesenen Rollen, niemand lebt nach seinem freien Willen. Das kann man aber erst erkennen, wenn man in die freien Berge gekommen ist.

„Ich habe meine Stärke erkannt“

Als ich in die Berge kam, machte ich mir Sorgen, ob ich in diesem Alter mit dem Guerilla-Dasein zurechtkommen würde, ob ich Erfolg haben könnte. Als ich Guerillakämpfer wurde, erkannte ich aber, dass ich eine große Kraft und ein großes Potenzial hatte. Das war für mich ein Wunder. Wie Genosse Şehîd Derveş sagte, ist diese Kraft nicht meine, sondern die der Partei. Wenn ein Mensch sich der Partei öffnet, wenn er sich der Partei aufrichtig nähert, gewinnt er eine außerordentliche Kraft. Ich habe das gesehen.“

In Botan gefallen

Haydar Erdoğan war 38 Jahre alt, als er in die Berge kam. Es dauerte nicht lange, bis er zu einem professionellen Guerillakämpfer wurde. Nach einem Jahr ging er nach Nordkurdistan, in die Berge von Botan. Je mehr er kämpfte, desto entschlossener wurde er. Am 8. September 2017 ließ er im Widerstand gegen die türkische Armee in Gabar sein Leben.