Festnahmewelle vor dem 1. Mai in Istanbul und weiteren Städten

Im Vorfeld der Veranstaltung zum internationalen Arbeiterkampftag fegt durch die Reihen linker und sozialistischer Gruppen eine Festnahmewelle. Allein in Istanbul wurden über 90 Personen in Gewahrsam genommen.

Linke Kräfte im Visier

Im Vorfeld der Veranstaltungen zum 1. Mai haben die türkischen Behörden eine umfassende Razzia in mehreren Städten durchgeführt. Allein in Istanbul wurden bei Hausdurchsuchungen am Dienstag mindestens 92 Personen festgenommen. Begründet wurde der Schritt von der Istanbuler Staatsanwaltschaft mit einem vermeintlichen Verdacht auf „geplante verbotene Aktionen“. Bei einigen Einsätzen kam es nach Angaben von Rechtsbeiständen zu Fällen von Gewaltanwendung durch die Polizei.

Die Operationen erfolgten im Rahmen von drei separaten Ermittlungsverfahren. Neben Privatwohnungen waren auch Räumlichkeiten verschiedener linker und sozialistischer Organisationen betroffen. Unter den Festgenommenen befinden sich Mitglieder kultureller, politischer und ökologischer Initiativen sowie Medienschaffende, darunter der Theaterschauspieler und Ko-Vorsitzende der Kulturstiftung BEKSAV, Ahmet Uçar, die Korrespondentin der Zeitung „Özgür Gelecek“, Perihan Erkılınç, Cemil Aksu vom Ökologiekollektiv Polen und Ruşa Sabur von der Musikgruppe Vardiya.

Auch Mitglieder der Parteien ESP, TÖP und Partizan, der Initiative „Proleter Devrimci Duruş“ und der Kaldıraç-Bewegung befinden sich in Gewahrsam. Im Rahmen der Ermittlungen fanden auch Festnahmen in Ankara, Konya und Eskişehir statt.  Betroffen sind auch hier Aktive verschiedener linker, basisdemokratischer und oppositioneller Gruppen. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Beobachter:innen äußerten scharfe Kritik an der Welle der Festnahmen kurz vor dem internationalen Tag der Arbeit. Sie werten die Razzien als Einschüchterungsversuch und Angriff auf das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Foto: 1. Mai 2024 in Istanbul © Zeynep Kuray / ANF