D-Typ-Gefängnis in Amed geräumt

Das D-Typ-Gefängnis in Amed ist ohne Angabe von Gründen geräumt worden. Knapp 300 Gefangene – die meisten von ihnen aus politischen Motiven inhaftiert – wurden in andere Vollzugsanstalten verlegt. Nur in zwei Fällen ist der neue Aufenthaltsort bekannt.

Das D-Typ-Gefängnis in der nordkurdischen Großstadt Amed (tr. Diyarbakır) ist geräumt worden. Etwa 300 Gefangene wurden bereits am Sonntag gegen ihren Willen in andere Haftanstalten verlegt, wie erst jetzt bekannt wurde. In dem Hochsicherheitsgefängnis, das sich im Bezirk Bajarê Nû (Yenişehir) befindet, waren hauptsächlich politische Gefangene untergebracht. Die Vollzugsleitung hat sich bisher weder zu den Gründen der Räumung geäußert noch zum neuen Aufenthaltsort der Gefangenen.

Nur in zwei Fällen ist bekannt, in welches Gefängnis die Insassen gebracht worden sind. Dabei handelt es sich um den bald 85 Jahre alten Mehmet Emin Özkan und dessen Sohn Ahmet Özkan. Beide wurden in das Hochsicherheitsgefängnis Diyarbakır Nr. 1 verlegt, wie letzterer im Rahmen eines Telefonats mit Familienangehörigen äußerte. Nach Auskunft von Ahmet Özkan seien die Zellentrakte im D-Typ-Gefängnis im Vorfeld der Verlegungen „überfallartig“ vom Gefängnispersonal gestürmt worden.

Die Provinz Amed gehört zu den Regionen, die bei den verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet vor einem Monat betroffen sind. Das D-Typ-Gefängnis galt nach Angaben des Menschenrechtsvereins IHD bis zuletzt aber nicht als einsturzgefährdet. Die Organisation hat das türkische Justizministerium aufgefordert, umgehend Informationen zu den Hintergründen der Verlegungen offenzulegen und den derzeitigen Aufenthaltsort der Gefangenen mitzuteilen.

Seit über 25 Jahren unschuldig im Gefängnis

Mehmet Emin Özkan ist seit 1996 im Gefängnis und wird vom IHD in der Liste der „schwerkranken Gefangenen“ geführt. Er leidet unter diversen Krankheiten, unter anderem Demenz, und hat bisher sechs Herzinfarkte überlebt. Verurteilt wurde er als vermeintliches PKK-Mitglied wegen Mordes an einem türkischen Brigadegeneral zu einer erschwerten lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Anklage gegen ihn beruhte im Wesentlichen auf den Aussagen eines Kronzeugen. Später kam heraus, dass Aydın von seinen eigenen Leuten erschossen worden war. Obwohl selbst die Staatsanwaltschaft eingesehen hat, dass Özkan unschuldig ist, wird er nicht entlassen. Sein Sohn Ahmet ist ebenfalls wegen sogenannter Terrorvorwürfe im Gefängnis. Er hatte sich 2021 nach Amed verlegen lassen, um seinen Vater pflegen zu können.