Die Christian Peacemaker Teams (CPT-Iraqi Kurdistan) haben die türkischen Luftangriffe auf zivile Gebiete in Şengal verurteilt und zum Wiederaufbau der vom IS zerstörten Region aufgerufen. In einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme teilt die seit 2007 in Südkurdistan aktive Menschenrechtsorganisation mit, dass Mitte des Monats vier Zivilist:innen bei Angriffen der türkischen Streitkräfte in Şengal getötet und mindestens 13 weitere verwundet worden sind.
Zum Hintergrund der Lage in Şengal und dem Ablauf der Luftangriffe auf die Altstadt und ein Krankenhaus heißt es in der Erklärung der Christian Peacemaker Teams:
„Şengal ist das ezidische Gebiet, das der IS brutal angegriffen und kontrolliert hat, nachdem die Sicherheitskräfte 2014 aus dem Gebiet geflohen waren. Die Widerstandseinheiten Şengal (YBŞ), deren Mitglieder überwiegend Eziden sind, wurden gegründet, um den IS nach seinem Angriff 2014 zu bekämpfen. Die YBŞ kontrollieren die Sicherheit in weiten Teilen des Gebiets und sind jetzt ein offizieller Teil der irakischen Armee. Die YBŞ haben enge Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), nachdem sie von dieser im Kampf gegen den IS unterstützt wurden.
„NGO-Mitarbeiter bei Drohnenangriff auf YBŞ-Kommandanten verletzt“
Am 16. August führte das türkische Militär einen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug mit YBŞ-Mitarbeitern innerhalb der Stadt Shengal durch. Die Gruppe befand sich auf einer diplomatischen Mission, um sich im Rahmen des Besuchs von Präsident Mustafa al-Kadhimi in Şengal mit irakischen Beamten zu treffen. Bei dem Drohnenangriff wurden Seid Hesen, ein hoher Kommandant der YBŞ, und Essa Xweded, ein YBŞ-Kämpfer, getötet. Die drei übrigen Insassen des Fahrzeugs wurden schwer verletzt.
Die Explosion des Anschlags verletzte auch drei Zivilist:innen, Mahir Mirza Ali, Media Qasim Simo und Shamil Abbas Brgis, die für GCS (Global Clearance Solutions) tätig waren. GCS ist eine NGO, die sich auf die Minenräumung in Kriegsgebieten spezialisiert hat, und die Mitarbeiter:innen waren dabei, ein nahe gelegenes Gebäude von Minen zu befreien, die der IS bei seinem Abzug aus der Stadt hinterlassen hatte.
„Gezielte Bombardierung von Krankenhaus und Rettungseinsatz“
Daraufhin bombardierte die Türkei am 17. August das Krankenhaus im Dorf Skine. Das Krankenhaus wurde 2016 von der YBŞ gegründet, nachdem das Dorf vom IS befreit worden war. Das Krankenhaus, das aus einem alten Schulgebäude umgebaut wurde, diente der Zivilbevölkerung, Covid-Patienten, irakischen Sicherheitskräften (ISF) und YBŞ-Kämpfern.
Das türkische Militär bombardierte das Krankenhaus direkt und tötete acht Menschen, darunter vier Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens: Ali Rasho Khdir, Sehdo Elyas Rasho, Haji Khdir und Mukhlisa Sedar. Außerdem 4 YBŞ-Kämpfer, die das Krankenhaus bewachten: Hamid Sehdon, Khdir Shareef, Rami Al-Salim und Maithem Khdir Xalaf. Ein weiterer Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Habdi Sleman, wurde durch den Bombenanschlag verletzt.
Nach dem Angriff, als die Menschen den Verletzten und Sterbenden zu Hilfe eilten, bombardierte die Türkei das Gebiet noch zweimal und verletzte neun weitere Menschen, die versuchten, Hilfe zu leisten.
„Wir verurteilen die Angriffe des türkischen Militärs auf Zivilisten“
Das türkische Präsidialamt behauptet, es habe sich nicht um ein Krankenhaus, sondern um einen PKK-Stützpunkt gehandelt. Anwohner:innen von Şengal bestreiten diese Behauptung.
Letztes Jahr, am 26. Mai, bombardierte das türkische Militär ein weiteres Krankenhaus im Dorf Safra im Gouvernement Suleimani in Irakisch-Kurdistan. Dieses Krankenhaus konnte aufgrund der durch den Angriff des türkischen Militärs verursachten Schäden für die Einwohner nicht wieder geöffnet werden.
CPT und ICSSI verurteilen die Angriffe des türkischen Militärs auf Zivilist:innen, zivile Gebiete und medizinische Infrastruktur. Wir fordern das Ausland auf, mit Initiativen zum Wiederaufbau von Şengal nach dem Krieg gegen den IS zu helfen und nicht zur weiteren Zerstörung von Städten und Gemeinden beizutragen.“