Ko-Bürgermeister von Colemêrg festgenommen
Die türkische Polizei hat das Rathaus von Colemêrg gestürmt und den Ko-Bürgermeister Mehmet Sıddık Akış festgenommen.
Die türkische Polizei hat das Rathaus von Colemêrg gestürmt und den Ko-Bürgermeister Mehmet Sıddık Akış festgenommen.
Die türkische Polizei hat am späten Sonntagabend gegen 23 Uhr Ortszeit das Rathaus der von der DEM-Partei regierten Provinzhauptstadt Colemêrg (tr. Hakkari) umstellt. Hunderte Einsatzkräfte sperrten alle Zugangsstraßen. Am frühen Morgen schlugen Polizisten die Rathaustür ein und stürmten das Gebäude. Zeitgleich wurde der Ko-Bürgermeister von Colemêrg, Mehmet Sıddık Akış, in der Nachbarstadt Wan (Van) festgenommen. Akış war trotz massiven Betrugsversuchen und des Einsatzes Zehntausender Soldaten als „Geisterwähler“ bei den Kommunalwahlen in der Türkei am 31. März in Colemêrg mit 48,92 Prozent zum Ko-Bürgermeister gewählt worden.
Die DEM-Partei erklärte zu der Festnahme: „Das Regime, das wie jedes Mal am Willen des Volkes gescheitert ist, hat wieder einmal zu dem Mittel gegriffen, das es am besten beherrscht: Stimmenraub und Putsch. Heute Morgen wurde unser Ko-Bürgermeister von Colemêrg, Mehmet Sıddık Akış, in Wan festgenommen und unser Rathaus wurde von der Polizei mit Gewalt besetzt. Wir akzeptieren diese Zwangsverwalterhaltung nicht. Unser Volk hat am 31. März auf demokratische Weise gezeigt, dass es die Zwangsverwaltung nicht anerkennt. Diese putschistische Zwangsverwaltermentalität stellt nicht nur für Colemêrg, sondern auch für den Willen aller Menschen in der Türkei eine Bedrohung dar. Unser Volk wird seinen demokratischen Protest auf höchster Ebene zeigen. Wir rufen alle Demokrat:innen auf, klar gegen diesen Putsch Stellung zu beziehen.“
Dunkle Erinnerungen an Kommunalputsch der AKP werden wach
Die Aktion wirkt fast wie ein Racheakt für den bezeichnenden Sieg der DEM-Partei in der Wiederholungswahl in Curnê Reş (Hilvan). Dort war die Wahl auf Antrag der AKP annulliert worden, da nachdem sich der Sieg der DEM-Partei abgezeichnet hatte, Verwandte des AKP-Kandidaten Wahlurnen verbrannt hatten. Die AKP wurde bitter abgestraft und verlor krachend mit 36,2 gegenüber 52,5 Prozent der Stimmen für die DEM-Partei. Diese hatte noch einen Zuwachs von 3.700 Stimmen seit dem 31. März zu verzeichnen. Aber die Szenen von Colemêrg rufen auch dunkle Erinnerungen an den letzten Kommunalputsch des AKP/MHP-Regimes nach den Wahlen 2019 ins Gedächtnis. Damals waren die von der HDP regierten Kommunalverwaltungen eine nach der anderen gestürmt worden. Die Ko-Bürgermeister:innen wurden festgenommen und durch AKP-loyale Beamte als Zwangsverwalter eingesetzt. Nach den diesjährigen Wahlen hatte die AKP etwa ähnliches in Wan versucht, indem dort dem Wahlsieger der DEM-Partei die Bürgerrechte entzogen wurden und der unterlegene Kandidat der AKP das Amt übernehmen sollte. Dies scheiterte jedoch an einem massiven Aufstand der Bevölkerung. Die Menschen sind offensichtlich nicht mehr bereit, solche Schritte des Regimes zu tolerieren. In kurdischen Städten und Gemeinden wurden erstmalig 2016 Zwangsverwalter eingesetzt.