Colemêrg: Keine Akzeptanz für Zwangsverwalter

ANF hat sich in der kurdischen Stadt Colemêrg nach der Meinung über die vom türkischen Innenministerium installierte Zwangsverwaltung erkundigt. Aus den Gesprächen geht hervor, dass die Menschen den Zwangsverwalter nicht akzeptieren.

Der Ko-Bürgermeister von Colemêrg (Hakkari), Cihan Karaman (HDP), wurde am 15. Oktober festgenommen und anschließend inhaftiert. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und „Terrorpropaganda“ vor. Das Amt des mit großer Mehrheit gewählten Ko-Bürgermeisters wurde durch einen staatlichen Zwangsverwalter besetzt. Der Stadtrat wurde aufgelöst und alle Befugnisse der Ko-Bürgermeister*innen und des Rates wurden auf den Zwangsverwalter übertragen. Die Mehrheit der Menschen in der kurdischen Stadt betrachtet diese Maßnahme als AKP-Putsch gegen ihre demokratische Wahlentscheidung und fordert, dass ihr Bürgermeister Cihan Karaman auf seinen Posten zurückkehrt.

Kahir Demir aus Colemêrg erinnert an die Ankündigung des türkischen Präsidenten Erdoğan vor den Wahlen am 31. März, die Bürgermeister*innen der HDP würden unabhängig vom Ergebnis „gehen“. Er fährt fort: „Leider wurden unsere Gemeinden von Zwangsverwaltern beschlagnahmt und das Wahlergebnis ignoriert. Das ist eine Beleidigung für die Bevölkerung von Colemêrg und das gesamte kurdische Volk. Wir akzeptieren diese Verletzung keinesfalls.“

Rathaus ist eine Polizeistation geworden

Demir fügt hinzu: „Während der HDP-Verwaltung war das Rathaus für die Öffentlichkeit zugänglich, aber heute kommt man kaum noch hinein. Das Rathaus wurde in eine Polizeistation umgewandelt. Wenn wir nicht müssen, gehen wir definitiv nicht zur Stadtverwaltung."

Die Ko-Bürgermeister*innen sollen zurückkehren

Cafer Inci aus Colemêrg fordert die Rückkehr der Ko-Bürgermeister*innen und kritisiert, dass es von Seiten der Zwangsverwalter praktisch keine Dienstleistungen gebe. Faik Pala, eine weiterer Bewohner der Stadt, erklärt: „Wir wollen, dass unsere Bürgermeister zurückkehren. Als Einwohner von Colemêrg gehen wir nicht zum Rathaus, wir protestieren so gegen die Verletzung unserer Rechte durch die AKP."

Mittlerweile sind in Dutzenden kurdischen Städten die Ko-Bürgermeister*innen unter konstruierten, politischen Anklagen verhaftet und an ihrer Stelle Zwangsverwalter eingesetzt worden. Die HDP verlangt aktuell Neuwahlen und es wird sogar ein Boykott des Parlaments aufgrund der Repression diskutiert.